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Max Retschlag: Die Alchimie und ihr großes Meisterwerk der Stein der Weisen
Transcribed by Johann Plattner, 1997.
Back to alchemical texts in German.
Die Alchimie
und ihr großes Meisterwerk
der Stein der Weisen
Von
Max Retschlag
1934
_____________________________________________________
Richard Hummel Verlag, Leipzig
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Meine im Jahre 1921 im Richard Hummel Verlag, Leipzig, erschienene
Broschüre mit dem Titel "Das Gold der Alchimie", die den gleichen
Stoff behandelte, ist vergriffen und sollte in neuer Auflage erscheinen.
Dies gab die Veranlassung zu einer Durchsicht, um gegebenenfalls Änderungen
und Ergänzungen vorzunehmen.
Das seit Erscheinen dieser Broschüre weiter fortgesetzte
Studium des behandelten Stoffes führte mich in Verbindung mit praktischen
Versuchen zu einer von der ersten abweichenden Auffassung, konnte mir eine
besseres Verständnis besonders auch des großen Meisterwerkes
vermitteln, so daß an Stelle der durchgesehenen und ergänzten
früheren Arbeit etwas Neues entstand, die vorliegende Schrift.
Es ist ein gedrängter Überblick über die
Alchimie, der zeigen soll, daß sie nicht die Mißachtung verdient,
mit der sie Unverständnis ablehnt. Besonders gilt dies vom eigentlichen
Kern der Alchimie, ihrem großen Werk, dem geheimnisvollen "Stein
der Weisen". Unter Anführung von Belegen aus den Werken wahrer Kenner
habe ich versucht, dieses Werk in seinen verschiedenen Aspekten verständlich
zu machen, soweit es nach alter Tradition erlaubt ist. Des Leser möge
entscheiden, ob dieser Versuch gelungen ist.
Wie aber der Leser mit Recht vom Verfasser Sorgfalt und
Mühe fordert, so kann auch der Verfasser eine Forderung stellen: der
ernsthafte Leser möge für eine kurze Zeit die von anderen übernommenen
Vorurteile ablegen, die Bürde der bejahenden und verneinenden Begriffe,
mit denen ihn eine moderne Erziehung belastete, wir werden uns dann besser
verstehen können.
Leipzig, im Sommer 1932.
Der Verfasser.
Einleitung
Alchimie - verrufenes Wort, und doch umwoben von geheimnisvollem Schimmer,
nichtssagend für die einen, ein leerer Klang, oder mit überlegenem
Lächeln abgetan, weckt es anderen im Geiste die Vorstellung versteckter
Gewölbe, wo im aufzuckenden Feuerschein seltsamer Öfen dunkle
Gestalten mit absonderlichem Gerät hantieren, wo Adepten im Schein
des kümmerlichen Öllämpchens über schwere Folianten
brütend die mystisch verschleierten Anweisungen suchen für ihr
heimliches Tun, für die Lösung des Welträtsels, für
die Ergründung des großen Geheimnisses vom Leben.
Längst schon glaubte man sie verschwunden, die Alchimie,
jene Kunst, die sich als Wissenschaft gebärdete, die den Menschen
alle so heißbegehrten Schätze irdischer Glückseligkeit
gewähren wollte, ein langes Leben in steter Jugendfrische und unerschütterlicher
Gesundheit, unerschöpflichen Reichtum mit Ansehen und Macht, und den
sanften, unmerklichen Übergang in das andere Dasein.
Das Zeitalter der Aufklärung hatte sie von der Weltbühne
verdrängt, von der Wissenschaft verachtet, verbannte man sie in die
Rumpelkammer der Menschheit, dorthin, wo sich in buntem Durcheinander alle
die überwundenen Torheiten häufen, Gespensterspuk und Dämonenglaube,
Hexenwahn und Teufelskult.
Was ist Alchimie, was sind Alchimisten ?
Sucht man die Beantwortung dieser Frage in einem Lexikon,
das als Niederschlag derzeitigen Wissens gelten kann, wo wird man dem Sinne
nach kurz das folgende finden: Alchimisten waren Leute, deren Bestreben
darauf gerichtet war, den Stein der Weisen zu erzeugen. Diese geheimnisvolle
Substanz sollte die Eigenschaft haben, die sogenannten unedlen Metalle
in edle, das heißt Gold und Silber zu verwandeln, indem davon eine
kleine Menge auf ein in Fluß stehendes geringes Metall geworfen wurde.
Weiter wurde dieser Substanz die Fähigkeit zugeschrieben, eine Universalpanazee
für die menschlichen Krankheiten zu sein, auf den Organismus heilend,
stärkend und verjüngend einzuwirken. In der Hauptsache bedeutet
Alchimie die Kunst der Metallverwandlung, doch ist den Alchimisten eine
derartige Umwandlung niemals gelungen. Die Alchimie ist ebenso, wie ihr
Stein der Weisen gleichbedeutend mit Aberglaube, Unwissenheit und Betrug.
Es ist ein vernichtendes Urteil, das damit von berufener
Seite über die Alchimie gefällt wird, und es ist maßgebend
für die Allgemeinheit.
Und doch ist es ein Fehlurteil, das auf Oberflächlichkeit
und Unkenntnis beruht. Einmal sind Beweise für gelungene Metallumwandlungen
auf Grund geschichtlicher Berichte und einwandfreier Zeugnisse genügend
vorhanden. Sie ableugnen, hieße alle beglaubigten geschichtlichen
Geschehnisse ableugnen, weil Augenzeugen dafür nicht mehr am Leben
sind. Zum anderen aber ist das, was damit verurteilt wird, das, was von
der Öffentlichkeit verschwinden mußte, nicht die eigentliche,
die wahre Alchimie, sondern deren Zerrbild, eine Afteralchimie, die sich
den Namen Alchimie anmaßte und unter ihm ihr Unwesen trieb.
Für diese falsche Alchimie gibt es nur ein Ziel,
die Metallumwandlung, sie führt weiter ein heimliches Dasein in den
Versuchen von Phantasten, und sie ist es, die von Betrügern zu deren
Gaunereien benutzt wird.
Heute ist man überall wieder eifrig am Werk, das
heißersehnte Ziel der Metallumwandlung zu erreichen. Unter Berücksichtigung
moderner Theorien, nach denen radioelektrische Phänomene die Ursache
für eine spontane Änderung im Aufbau der Atome und damit auch
für die Metallumwandlung sind, glaubt man den Weg gefunden zu haben,
der zum Ziele führt, hofft man, der Alchimie ihr großes Geheimnis
vom Stein der Weisen entreißen zu können.
Die wahre Alchimie kennt weder Rückschritt noch Fortschritt,
stets sich gleichbleibend ist sie, die sie war, die sie sein wird.
Alchimistische Schriften und damit die Alchimie wurden
im Abendland erst zur Zeit des frühen Mittelalters bekannt. Es waren
lateinische Übersetzungen griechisch-arabischer Werke, die das große
Meisterwerk der Alchimie behandelten, dessen Beschreibung von theosophischen
und philosophischen Betrachtungen umrahmt wurde.In diesen Schriften finden
sich nun auch Hinweise auf die Möglichkeit der Metallumwandlung mit
Hilfe einer Substanz, die durch das große Werk zu erlangen ist.
Bald entstanden Gerüchte von Umwandlungen geringer
Metalle in Gold und Silber, die einzelnen geheimnisvollen Adepten gelungen
sein sollten. Solche Gerüchte mehrten sich, sie wurden begierig aufgenommen
und weiterverbreitet, und sie wurden der Anlaß, daß sich seuchenartig
ein allgemeines Goldfieber ausbreitete, welches das ganze Mittelalter hindurch
anhielt, und das auch heute noch nicht völlig zum Erlöschen kam.
Durch eifriges Experimentieren mit allen möglichen und unmöglichen
Stoffen, auf die scheinbar in den Schriften der Adepten hingewiesen wurde,
suchte man hinter das Geheimnis des in Gold verwandelnden Stoffes zu kommen.
Bescheidenere hofften durch ihre Arbeiten wenigstens ein sogenanntes Partikular
auffinden zu können, das nur für einige Metalle diese wertvolle
Eigenschaft aufweisen sollte, oder ein wirksames Elixier gegen Krankheiten
zu entdecken, da nach den Angaben der Adepten das metallumwandelnde Elixier
zugleich ein unübertreffliches Heilmittel sein sollte. Viele der Großen
des Reiches, durch Kriege, Prunkliebe und andere kostspielige Gewohnheiten
gezwungen, nach immer neuen und ergiebigen Einnahmequellen Ausschau zu
halten, widmeten sich mit Eifer dieser vielversprechenden Kunst. Ihnen
nach tat es das Volk, Edelmann, Bürger und Bauer, von denen viele
durch die kostspieligen Versuche verarmten und auch völlig an den
Bettelstab gebracht wurden.
Auch in der damaligen Zeit gab es unternehmende Leute,
spekulative Köpfe mit elastischem Gewissen, die es verstanden, "die
Konjunktur auszunutzen". Sie gaben sich den Anschein erfahrener Alchimisten,
und wußten durch geheimnisvolles Gebaren, durch phantasiereiche Erzählungen
mit allerlei mystisch scheinendem Unsinn Aberglaube, Unkenntnis und Goldgier
ihrer Zeitgenossen auszubeuten. Anfangs waren sie vereinzelt, bald aber
tauchten überall derartige "Alchimisten" auf. Sie verkauften unfehlbare
Rezepte für die golderzeugende Tinktur, die sie auf die sonderbarste
und geheimnisvollste Weise erlangt haben wollten, die selbst auszuarbeiten
sie aus allen möglichen Gründen verhindert waren, oder deren
Wert die Geschickteren von ihnen wohl auch mit Hilfe von Taschenspielerkünsten
erwiesen. Andere ließen sich von größeren und kleineren
Herren in Sold nehmen, wobei sie es meisterhaft verstanden, ein angenehmes
Leben zu führen, einen nicht zu geringen Teil des angeblich zu ihren
Arbeiten nötigen Goldes und Silbers in ihre Tasche fließen zu
lassen, und die nach Erfolg Begierigen durch immer neue und verblüffende
Ausreden und Schwindeleien hinzuhalten. Das planlose Experimentieren nannte
man ebenso, wie die betrügerischen Manipulationen fälschlicherweise
Alchimie, die Betrüger hießen Alchimisten, ihre Gehilfen Laboranten,
und der unberechtigten Benennung ist es zu danken, daß man noch heute
unter Alchimie jene angebliche Goldmacherkunst versteht, der das Odium
der Gaukelei und des Betruges anhaftet.
Wohl wehrten sich die wahren Eingeweihten in die hohe
Kunst der Alchimie, die Adepten, gegen solchen Mißbrauch des Namens
Alchimie (Adept, vom lateinischen adipisci, ist einer, der das höchste
Ziel der Alchimie erreichte). So schrieb Alexander von Suchten: "Derowegen
sind wir nicht Goldmacher, sondern Arzt, so wir Alchymiam brauchen, den
armen Krancken umb der Barmherzigkeit willen, damit zu dienen von GOTT
verordnet, daß wir deren große Noth betrachten, und und angelegen
seyn lassen. Daß die göttliche Kunst der Alchymey von bösen
Buben, deren jetzt die Welt voll ist, Betrug und Arglistigkeit wegen, damit
sie hoch und niedriges standes Personen ansetzen, in großen Verachtung
gerathen ist, als were diese GOTTES Gab allein Triegerei, was gehet das
uns an ? Es ist uns leid, daß man das mißbraucht, was uns zur
Wiederbringung und Erhaltung des Menschen Gesundheit von GOTT geoffenbahret
worden."
Die Erfindung der Buchdruckerkunst ermöglichte es,
Werke über die Alchimie, die vordern als Handschriften sehr kostbar
waren, verhältnismäßig wohlfeil und in größeren
Mengen zu verbreiten. Die Werke fanden überall sehr guten Absatz,
und so entstand bald eine umfangreiche alchimistische Literatur, die hauptsächlich
den Kern der Alchimie, das große Werk, zum Inhalt hatte.
Das eingehende Studium dieser Werke, soweit sie noch vorhanden
sind, läßt erkennen, daß ihre Verfasser zum großen
Teil Eingeweihte gewesen sind, und daß vom sechszehnten bis achtzehnten
Jahrhundert eine beträchtliche Anzahl solcher Kenner gelebt haben
muß.
Während aber die frühen alchimistischen Schriften
bei allen gebotenen Umschreibungen in ihrer Ausdrucksweise verhältnismäßig
einfach sind, werden die späteren immer verworrener und schwerverständlicher;
obwohl auch bei diesen vielfach ein wahrer Kern erkennbar ist. Man kann
wohl nicht mit Unrecht daraus schließen, daß diese Schreibweise
eine absichtliche war, ebenso wie auch die zunehmende Menge solcher Schriften
nicht allein in dem guten Absatz ihre Erklärung findet. Auffallend
ist weiter, daß in allen den einschlägigen Schriften die Metallverwandlung
als das Wesentliche erscheint, und dies sollte wohl auf eine falsche Fährte
führen, während das andere die Menge vom vergeblichen Experimentieren
abschrecken sollte, um dem Mißbrauch der Alchimie und ihres Namens
eine Ende zu machen.
Alchimie
und hermetische Philosophie
Auf der Grundlage uralter Erkenntnis, die sich im Orient als hermetische
oder okkulte Wissenschaft erhalten hatte, entwickelte sich die Alchimie
zu einem besonderen Zweig. Sie kann die Technik dieser Erkenntnis genannt
werden, sie ist die praktische Anwendung der Lehren dieses philosophischen
Systems als Heilkunst für Geist, Seele und Körper des Menschen.
Mit ihren Zweigen Astrologie und Magie ist die Alchimie die hohe, die königliche
Kunst, in derem Gefolge sich zu allen Zeiten die Geistesgrößen
der Menschheit finden.
Über die Herkunft und Bedeutung des Namens Alchimie
gehen die Meinungen auseinander. Einige halten ihn für eine Ableitung
vom griechischen cheo, ich gieße, mit dem arabischen Artikel al in
der Bedeutung der Gießkunst. Andere wieder glauben in dem Namen eine
Verwandtschaft mit der hebräischen Wurzel Khams, Idee der Wärme,
zu finden, die identisch mit dem Kam des Sanskrit und mit dem griechischen
kamno ist. Glauber erklärt den Namen in seiner Abhandlung: De natura
salium als aus Hal-chimia entstanden, Salzkochung, und diese Erklärung
wird von vielen Alchimisten angenommen als ein Hinweis auf das große
Werk. Die beste Erklärung ist wohl die von Plutarch angegebene, daß
der Name Alchimie aus al-Kemia, al-Chemie entstanden ist, ein arabisches
Wort mit seinem Artikel, das schwarze Erde bedeutet, der Name des alten
Ägypten, im übertragenen Sinne die geheime Wissenschaft der ägyptischen
Weisen.
Paracelsus gebrauchte zuerst für Alchimie den Namen
Spagyrik. In seinem Paramirum I, 3 findet sich die Angabe: "Disce ergo
Alchimiam quae alias Spagyrica dicitur." 1)
Die
geheime Bedeutung der Zahlen und Buchstaben
In den Schriften der Adepten wird bei der Beschreibung
des großen Werkes öfter auf die verborgene Bedeutung der Zahlen
und Buchstaben Bezug genommen. Diese Buchstaben- und Zahlensymbolik wird
in der Gematria der Kabbala behandelt, sie ist in der islamitischen Esoterik
als Djebr zu finden, auch in der indischen Geheimlehre und im chinesischen
Tschen-pey enthalten.
Die zweiundzwanzig Buchstaben des hebräischen Alphabets
heißen die zweiundzwanzig großen Arkanen, sie sind der Schlüssel
zur geheimen Weisheit, die Quelle des Lichts oder das Licht des Lebens,
Al-pha-vita oder Al-eph-beth.
Von den zehn ersten Zahlen, die alles enthalten, bedeutet
eins den Anfang alles Seins, die vom Schöpfer ausgehende Schöpfungsidee,
das schöpferische Prinzip, die aktive, positive, männliche Kraft.
Es ist dieselbe Einheit, aus der die Zahl zwei entsteht, dieselbe, die
ebenso in der Triade, wie in der Dekade enthalten ist, denn zehn ist nicht
nur die Summe der zehn Einheiten, sondern auch die Einheit dieser Summe.
Zwei bedeutet die Linie, das feste, negative, weibliche,
empfangende Prinzip.
Drei ist als Zahl des Dreiecks die Fläche, die Essenz
aller physischen Dinge, sie ist die vollkommene Zahl als erste ungerade,
denn sie hat Anfang, Mitte und Ende, das Abbild des Alls. Sie ist die feste
Zahl, denn alle materiellen Dinge sind durch sie begrenzt, sind dreidimensional.
Als Produkt von 1 + 2 bedeutet sie die ausführende schöpferische
Tätigkeit.
Vier galt als heilige Zahl, mit ihr endet die Progression
der ersten Zahlen, deren Summe die vollkommene Dekade ergibt. Vier schließt
alle Kräfte der erzeugenden und erzeugten Zahlen in sich ein, sie
wurde als einzige Zahl der Dekade von einer Zahl gezeugt, und zeugt selbst
eine andere. Vier ist als 2 x 2 oder 2 + 2 die Vollendung in der materiellen
Welt, des kosmischen Aufbaues. In der Gleichung 3 + 1, bei der die molekulare
Bildung Aktivität und Fortschritt anzeigt, gilt sie nach Pythagoras
als Symbol der Göttlichkeit.
Fünf ist als Summe der ersten Geraden und der ersten
Ungeraden der Dekade das Abbild des Naturkörpers, und gibt den Dingen
die äußere, wahrnehmbare Form, Eigenschaft und Farbe. Alle materiellen
Wesenheiten bestehen aus vier Elementen und einem fünften Wesen, der
Quintessenz, Aura oder Äther.
Für die hermetische Auffassung ist die Zahl nicht
eine Ziffer, deren Bedeutung sich immer gleich bleibt, sondern deren Eigenschaften,
deren Wertigkeiten oder Valenzen nach der Chemie, sich ändern je nach
ihrer Struktur. So enthält die Fünf zwei Aufbaumöglichkeiten,
2 + 3 und 4 + 1, von denen die erste passiven Widerstand, Leblosigkeit
anzeigt, Hemmung der Evolution, die zweite dagegen die Bereitschaft des
Quaternär, die Impulsion einer neuen Einheit aufzunehmen. Hier ist
es die vollendete Materie, 4 als 3 + 1, die zur Fruchtbarkeit fähig
wird, zur Entwicklung der Sinne, und daher ist fünf das Symbol
für die Sinnesempfindungen, für die empfindende Seele.
Sechs ist die Zahl des lebenden menschlichen Körpers,
sie fügt zu den fünf Elementareigenschaften die menschliche Seele
mit deren höheren Funktionen hinzu.
Sechs enthält vier isomorphe Formen, 1 + 5, 2 + 4,
3 + 3, 2 x 3. Von diesen Formen zeigen die erste, dritte und vierte das
Vorherrschen des ungeraden, aktiven Elements, bereit, die Einwirkung einer
neuen Einheit anzunehmen. Die zweite Form zeigt eine sterile Sechs, die
sich der Einwirkung der neuen Einheit widersetzt.
Sieben gilt als Ausdruck für die Gesundheit, für
das Lichte, für die Vernunft, sie ist die jungfräuliche Zahl,
denn sie wurde von keiner Zahl der Dekade gezeugt, und zeugt auch keine
andere. Sieben ist die Zahl des großen Werkes der Alchimie, wie auch
der Weltschöpfung, denn in der Zahl der sieben Tage ist die ganze
Schöpfung eingeschlossen. Doch sind auch die Eigenschaften der Sieben
verschieden je nach ihrer Struktur, denn sie enthält drei Gleichungen,
1 + 6, 2 + 5, 3 + 4, von denen nur die erste einen Fortschritt anzeigt.
1 + 6 ist das Gleichgewicht, das von der hinzutretenden Einheit von neuem
Bewegung und Leben erhält, 3 + 4 dagegen ist die Involution der unbereiteten
Materie, und 2 + 5 ist die rückwärtsführende Empfindung,
die Sinnlichkeit.
Acht ist die kubische Zahl und deshalb das Abbild der
Erde. Sie enthält fünf Gleichungen, 1 + 7, 2 + 6,
3 + 5, 4 + 4, 23, von denen die erste, 1 + 7, die fortschrittliche
ist. Diese zeigt ein unbeständiges, schnellen Änderungen geneigtes
Gleichgewicht als die Grundlage des materiellen Lebens, günstig für
die Einwirkung einer neuen, höheren aktiven Kraft. sie deutet auf
den sich vorbereitenden geistigen Fortschritt, sie ist das Gefäß,
die Gebärmutter, in der sich der Keim des neuen Menschen entwickeln
wird. 2 + 6 zeigt das im Materiellen harmonische Gleichgewicht, 3 + 5 ist
ein unbeständiges Gleichgewicht, die Entwicklung der Empfindungen
nach unten, nach der niederen Sinnlichkeit. 4 + 4 ist Stillstand, und 23
ist das für eine aufwärtsführende Verwirklichung völlig
unfähige Gleichgewicht.
Wenn Acht das Gefäß ist, in dem sich der Embryo
des neuen, geistig höheren Menschen entwickelt, so ist neun die Entwicklung
selbst, die Schwangerschaft, wie auch der physische Mensch innerhalb von
neun Monaten entsteht.
Neun enthält fünf Gleichungen, 1 + 8, 2 + 7,
3 + 6, 4 + 5, 32, von denen allein 1 + 8 die Entwicklungsfähigkeit
anzeigt. Bei dieser Gleichung belebt die neue, aktive Einheit den Keim
und führt ihn zur Reife bis zur Geburt. 2 + 7 ist die im Materiellen
befangene Intelligenz, die Wissenschaft, 3 + 6 zeigt das Ästhetische
im Materiellen an, 4 + 5 ist das Vorherrschen der niederen Sinnlichkeit,
und 32 bedeutet wohl einen Fortschritt des geistigen Menschen,
es ist aber ein Fortschritt im Irrtum.
Zehn ist eine gerade Zahl, aber ungerade, aktiv in ihrer
Wurzel 9 + 1. Hier wirkt die neue Einheit, und so ist Zehn die zweite,
geistige Geburt des Menschen als eines "Zweimalgeborenen", mit der er ein
neues, geistig höheres Leben beginnt, ohne die Art und Weise seiner
gegenwärtigen Existenz zu ändern.
Zehn enthält die Natur aller Dinge, das Gerade und
das Ungerade, das Bewegliche und das Feste, das Gute und das Böse.
Zehn ist die Zahl de Attribute Gottes, der Sephirot nach der Kabbala, als
der Entwicklung der ersten drei Prinzipien in allen ihren Eigenschaften.
Zehn Namen des Höchsten nennt die Kabbala, deren erste Dreiheit der
Geist Gottes ist, Cochmah, Kether und Binah.
Im Sepher Jezirah der Kabbala heißt es mit Hinweis
auf die Weltschöpfung und auf das große Werk der Alchimie:
"Schließe deine Lippen, halte ein mit Nachdenken,
und wenn dein Herz schwach wird, so kehre zum Anfang zurück. Darum
steht es geschrieben: Weggehen und Wiederkommen, deswegen der Bund gemacht
wurde: zehn Sephirot außer der Unaussprechlichen.
Die erste Sephirot, eins, ist der Geist des lebendigen
Gottes, sie ist der gesegnete und abermals gesegnete Name des ewig lebendigen
Gottes, Stimme, Geist und Wort ist der heilige Geist.
Zwei ist der Hauch des Geistes, mit ihm sind eingeprägt
und eingegraben die zweiundzwanzig Buchstaben, die drei Mütter, die
sieben doppelten und die zwölf einfachen, und in jedem von ihnen ist
Geist.
Drei ist das Wasser, das aus dem Hauche entsteht, mit
ihm grub Er ein und prägte die erste leere, unbelebte Materie, Tohu,
die Linie, die um die Welt gezogen ist, und Bohu, die verborgenen Steine,
vergraben in der Tiefe, von wo die Wasser ausgehen.
Vier ist das Feuer, das aus dem Wasser kommt, mit
ihm schuf Er den Ehrenthron, die himmlischen Räder, die Ophanim, die
Seraphim, die heiligen Tiere und die dienenden Engel, aus ihrer Oberherrschaft
machte Er seine Wohnung, wie der Text sagt: Er ist es, der seine Engel
machte und sine dienenden Geister durch Bewegen des Feuers", usw.
Jeder der zweiundzwanzig Buchstaben des hebräischen
Alphabets hat seine besondere esoterische Bedeutung, seinen Zahlenwert,
und stellt für den Wissenden eine geheime Kraft dar. Auch der esoterische
Islam kennt die geheime Bedeutung der Buchstaben, weiß von der in
ihnen verborgenen Macht, von ihrer Beziehung zum großen Werk.
Seyidi Mohy-iddin erwähnt in seinem El-Futu-hattul-Mekkiyah
die esoterische Bedeutung der achtundzwanzig Buchstaben des arabischen
Alphabets, er vergleicht das Weltall mit einem Buch, in dem jeder der Buchstaben
eine göttliche Idee darstellt und zugleich eine Zahl. Es ist das gleiche
Buch, wie das Liber mundi der Rosenkreuzer, oder das Buch des Lebens in
der Offenbarung Johannis, es ist verwandt mit dem Lebensbaum, mit dem Baum
der Erkenntnis im Paradies, und mit der germanischen Weltesche Ygdrasill.
Bei der Analogie zwischen dem Makrokosmos, arabisch el-Kawnul-Kebir,
und dem Mikrokosmos, el-Kawnul-seghir, entspricht jeder der achtundzwanzig
Buchstaben einen bestimmten Teil des Organismus. Diese Entsprechungen ermöglichen
es, die geheime Wissenschaft von den in den Buchstaben verborgenen Kräften
therapeutisch anzuwenden.
Den drei Daseinsebenen oder Welten entsprechend ist die
geheime Wissenschaft von den Buchstaben eine dreifache. Im höchsten
Sinne ist sie die Erkenntnis der Ur-Prinzipien, im mittleren Sinne ist
sie die Kenntnis der Kosmogenie, das Wissen vom Entstehen der wahrnehmbaren
Welt, und im unteren Sinne ist sie die Kenntnis der Eigenschaften der aus
Buchstaben gebildeten Wörter und Namen, sowie der Zahlen. In den
Buchstaben eines Namens verrät sich die Natur jedes geschaffenen Wesens,
daher vermag die Kenntnis eines Namens über das betreffende Wesen
eine gewisse Macht zu verleihen. Die Anwendung der arabischen Geheimwissenschaft
von den Buchstaben ist der untere Grad dieser esoterischen Kenntnis. Der
höchste Grad, der nur von wenigen erklommen wird, verleiht die Macht,
auf allen drei Daseinsebenen wirken zu können. Wer diese Erkenntnistiefe
erreichte, der kennt das große Magisterium, das Meisterwerk der Alchimie,
den Stein der Weisen oder den "roten Schwefel der Weisen", arabisch el-Kebritul-ahmar,
denn die Wissenschaft von der geheimen Kraft der Buchstaben und vom großen
Werk ist die gleiche. Seyidi Mohy-iddin erhielt deshalb als Adept den Beinamen
Es-Sheikul-akbar wa el-Kebritul-ahmar.
Die Geheimwissenschaft von den Buchstaben ist dem Devanagari
oder Sanskrit ebenfalls bekannt. Nach dieser tantrischen Geheimlehre ist
jeder Buchstabe eine individuelle astrale Macht, die ihn befähigt,
an der Formung der Materie teilzunehmen, und diese im gesprochenen Wort
wirkende Kraft heißt Mantra. Jeder Buchstabe, varna 1), des
Sanskritalphabets, der durch die Vereinigung mit anderen Buchstaben einen
Mantra bildet, ist eine Offenbarung der übersinnlichen Ebene. Auch
nach tantrischer Lehre wird der menschliche Organismus durch den Mantra
stark beeinflußt, denn jedes Organ hat eine besondere Grundschwingung,
eine Farbtönung, die derjenigen eines bestimmten Buchstaben entspricht.
Die anderen Buchstaben eines Mantra bilden Nebenschwingungen gleich der
Dominante und den Nebentönen eines Akkords. In der Zeremonie des
Kushandika homa vermag der dabei gesprochene Mantra Feuer anzuzünden
ohne irgend welche physischen Mittel.
_________
1) varna heißt ebenso die Farbe.
_______
Die hermetische Philosophie, die Überlieferung dessen,
was als das Verborgenste nur durch Intuition meditativ zu erfahren ist,
umschließt eine Theosophie, das Wissen über Gott, eine Mystik,
das Wissen über das Geistige, und eine Metaphysik, das Wissen über
das sinnlich Nicht-Wahr- nehmbare in der Natur; Gott, Geist, Seele und
Stoff umfaßt das weite Gebiet der Erkenntnis.
Dieser Philosophie entsprechend ist das Arbeitsgebiet
der Alchimie ein dreifaches. Es ist Theologie, wenn sie die unermeßliche
Größe des Schöpfers erkennen lehrt, es ist geistig, wenn
sie von der Selbsterkenntnis ausgehend zur psychischen Läuterung führt,
die Herrschaft des Körpers, der sinnlichen Triebe durch diejenige
der geistigen Prinzipien ersetzt, es ist materiell, wenn sie den von
der Natur eingeschlagenen Wegen folgend es unternimmt, den armen
und leidenden Mitmenschen zu helfen.
Alchimie ist die Wissenschaft vom Leben, und als solche
ist sie Heilkunst.
Die
Alchimie als Heilkunst in der Geschichte
Die Alchimie ist als Heilkunst auf hermetischer Erkenntnis
aufgebaut, und ruht durch alle Zeiten auf diesem festen und sicheren Fundament,
unabhängig von den jeweiligen medizinischen Tagesmeinungen.
Ihre Geschichte reicht bis in das entfernteste Altertum,
in dem sie allmählich als geheime Wissenschaft erkennbar wird, nur
dem besonders Begabten und Erwählten zugängig, gepflegt von Priestern
und Initiierten. Noch viel später wird sie in griechischen Manuskripten
eine epiVthmh iera genannt, eine geheime Wissenschaft,
die von den Priestern Ägyptens ausgehend sich auf die Kulturvölker
des Morgenlandes ausbreitete, nach China, Indien, Griechenland.
Um das Jahr 200 n. Chr. ließ Diokletian alle erreichbaren,
von den ägyptischen Eingeweihten stammenden Werke übe die alchimistische
Heilkunst verbrennen, so daß nur wenige Bruchstücke dieser Kenntnisse,
soweit sie überhaupt schriftlich niedergelegt wurden, erhalten geblieben
sind. Clement von Alexandrien erwähnt noch 42 Bücher, die von
Hermes herrühren, von denen die letzten den Körper des Menschen,
seine Konstitution, seine Krankheiten, deren Heilmittel und ähnliches
behandeln. Galenus erwähnt das elfte Buch eines umfangreichen ägyptischen
Werkes über die Heilkunst, das der Pharao Nechepsos, 667 - 661 v.
Chr., schreiben ließ.
Für das Abendland übernahmen die Griechen dasjenige,
was von der hermetischen Wissenschaft der Ägypter und ihrer Heilkunst
vorhanden war.
Der berühmteste Heiler des alten Griechenland war
Hippokrates, dessen Lehren diejenigen der Alchimie sind, doch lehnt er
den übertriebenen Gebrauch der Medikamente ab, und weist auf die Selbstheilkraft
des Organismus. Er lehrte, daß der menschliche Organismus durch vier
Flüssigkeiten sein Gepräge erhält, Blut, Schleim, gelbe
und schwarze Galle, zu denen ein sie alle durchdringender Geist, Enormon,
tritt. Man nannte ihn deshalb fälschlich den Begründer der Humoralpathologie.
Hippokrates wurde um das Jahr 460 zu Cos geboren und starb 370.
Nach ihm ist Athenaeos zu nennen, der Begründer der
sogenannten pneumatischen Schule. Auch er fußte auf der hermetischen
Lehre, indem er annahm, daß im menschlichen Organismus vier Elementareigenschaften
vorhanden sind, warm, kalt, feucht und trocken, und als das Fünfte
ein Geist, der die anderen vier durchdringt, Pneuma, eine doppeltpolarisierte
Emanation des Weltäthers.
Die hermetische Erkenntnis ist die Wissenschaft vom Weltall,
und ein Schlüssel zu ihrem Verständnis liegt in der Lehre von
den Zahlen. Die Zahlenlehre wurde von den Griechen übernommen und
durch Pythagoras und seine Schule zu hoher Vollendung geführt. Hier
finden wir die noch heute bekannten Namen eines Philolaos, Architas, Sokrates,
Plato und anderer.
Die ägyptischen Kenntnisse wurden der griechischen
Heilkunst hauptsächlich durch die alexandrinische Schule vermittelt,
die im dritten Jahrhundert gegründet wurde. Obwohl die Griechen die
Idee des Universalelixiers übernahmen, blieb dessen Kenntnis auf wenige
beschränkt. Ebenso wurden von ihnen die psychischen Heilweisen der
Ägypter, Magnetismus, Suggestion und Hypnose, wie auch die Wissenschaft
von der Kraft der Buchstaben vernachlässigt. diese Zweige des hermetischen
Wissens fanden bei den Indern und später bei den Arabern Beachtung.
Über das große Meisterwerk der Alchimie hinterließ Dioscorides
ein Werk unter dem Titel Ouroboros, und das Universalelixier erwähnte
Ostanes, genannt der Magier.
Die griechische Heilkunst ging dann auf die Römer
über, deren bekanntester Heiler Galenus war. In Pergamon geboren,
wurde er Schüler der Alexandriner, und legte die Lehren des Hippokrates
in Lehrsätzen fest, dabei aber vieles Wesentliche willkürlich
ändernd.
Zu hoher Blüte gelangte die Heilkunst der Alchimie
durch die Araber. Sie erhielten sie wohl zum Teil durch die Griechen Alexandriens,
doch von größerer Bedeutung war wohl für sie die mündliche
Überlieferung durch direkte Berührung mit den Ägyptern.
Gegen Ende des sechsten Jahrhunderts lebte zu Alexandrien
der Philosoph Adfar, dessen Ruf als Heiler und Alchimist einen jungen Römer,
Morienus, veranlaßte, seine Heimat zu verlassen, nach Alexandrien
zu ziehen und dort Schüler des Adfar zu werden. Morienus war dann
Lehrer des Calid, eines Statthalters von Ägypten, von dem Ibn-Kallikan
berichtet, daß er in Alchimie und Medizin hervorragende Kenntnisse
besessen hätte. Calid lebte 668-704, von ihm sind mehrere Werke erhalten:
"Das Paradies der Weisheit", "Das Geheimnis der Geheimnisse" und "Gespräche
mit Morienus".
Als der Kalif Monovia seine Residenz nach Syrien verlegte,
entstanden in Bagdad und Damaskus Schulen, die jene von Alexandrien überflügelten.
Sie gelangten im neunten und zehnten Jahrhundert zur Zeit der Abessiden,
besonders Harun-al-Raschids, zur höchsten Blüte.
Von 669-765 lebte Djafar-es-Sadik, der als Lehrer des
Geber zu erwähnen ist. Geber starb 776, sein Werk "Kitab-el-Khalis",
das in lateinischer Übersetzung unter dem Titel: "Summa Perfectionis"
bekannt und sehr geschätzt wurde, enthält Gedanken über
die Metallumwandlungsmöglichkeit. Schüler des Geber waren El
Karquy, Ebn Aiadh und Ikhmimy.
In der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts wurde
Mohammed ben Zacharia mit dem Beinamen Rhasis geboren, der verschiedene
Werke hinterließ, als hauptsächliches "Über die Gewißheit
der Alchimie". Zur gleichen Zeit lebte in Bagdad ein anderer berühmter
Alchimist, Alfarabi. Als Nachfolger des Rhasis ist Abu Ali El-Hussein ben
Abdallah ben El-Hussein ben Ali el Cheikh el Beis Ibn sina, kurz genannt
Avicenna, zu erwähnen.
Durch die arabischen Mauren wurde die hermetische Tradition
nach Spanien gebracht. Hier entstanden dann später die lateinischen
Übersetzungen arabischer Werke über die Alchimie, die dem Abendland
die ägyptischen Kenntnisse, allerdings verändert auf ihrem Weg
über Griechen und Araber, vermittelten.
Von den maurischen Alchimisten sind die bekanntesten Abulkasis,
Averrhoes, Picatrix und Avenzoar. Dieser letztere, Abu Mervan Abd el Malik
Ibn Zohr, lebte in Sevilla und war Lehrer eines anderen berühmten
Hermetikers, des Maymonides. Eine maurische Medizinschule bestand in Cordoba.
Wie die Araber in Spanien Übermittler der hermetischen
Erkenntnisse waren, so auch in Byzanz, das später durch Kaiser Konstantin
den Namen Konstantinopel erhielt. Hier wirkten Aktuarius und Psellus in
den Jahren 1020-1110. Von Byzanz brachten dann römische Mönche
die medizinischen Lehren nach Italien, wo 1150 die Medizinschulen von Salerno
und vom Monte Cassino gegründet wurden. Als Lehrer an diesen Schulen
sind erwähnenswert Gerbert und Rosinus, der eine Abhandlung über
den Stein der Weisen hinterließ.
In Deutschland lebte Ende des zwölften Jahrhunderts
der Dominikaner Albertus Magnus (1193 bis 1280), von dem verschiedene,
teilweise jedoch untergeschobene Werke in der alchimistischen Literatur
vorhanden sind. Sein Schüler war Thomas von Aquino, dessen Name als
Verfasser alchimistischer Schriften ebenfalls öfter mißbraucht
wurde. Berühmte Alchimisten des dreizehnten Jahrhunderts waren Roger
Baco, 1214 in England geboren und 1294 in Oxford gestorben, der ein "Opus
Major" hinterließ; Arnald Bachuone, genannt Arnald von Villanova
nach seinem Geburtsort (1235 bis 1312) und Pietro de Abano, von dem das
Werk "Conciliator Differentiarum" herrührt.
Die Werke Arnalds von Villanova bestehen aus einer ganzen
Anzahl medizinisch-alchimistischer Schriften, von denen "Thesaurus Thesaurorum"
und "Rosarium Philosophorum" die wichtigsten sind. Von ihm schrieb Johannes
Andreas, ein berühmter Rechtsgelehrter seiner Zeit in den Zusätzen
zum Speculum Juris des Durandus, Paris 1522: "Zu unserer Zeit sah man den
Meister Arnald de Villanova am Hofe zu Rom, ein großer Theologe und
Arzt, der auch ein tüchtiger Alchimist war und Goldstangen erzeugte,
die man jeder Prüfung unterwerfen konnte." Auch Raimundus Lullius
erwähnt in seinem Lapidarium, daß Arnald in seiner Gegenwart
Blei in vortreffliches Gold verwandelt habe.
Um das Jahr 1400 lebte Bernard de Treves, der öfter
mit einem anderen bekannten Alchimisten, Bernard, Comte De La Marche Trevisane
verwwechselt wird. Dieser letztere, geb. 1406 zu Padua, gest. 1490, schrieb
eine sehr gute Abhandlung über den Stein der Weisen unter dem Namen
"Das verlorene Wort".
1462-1494 lebte Giovanni Pico von Mirandula, ein namhafter
Hermetiker, der als erster die Kabbala durch Übersetzung zugängig
machte. Sein Zeitgenosse war in Deutschland der berühmte Trithemus,
Abt von Sponheim, 1462-1516.
Nun folgen die drei bekanntesten Alchimisten des Mittelalters,
Basilius Valentinus, Agrippa von Nettesheim und Paracelsus.
Basilius Valentinus soll um 1400 geboren worden sein,
und war angeblich Benediktinermönch in Erfurt. Wahrscheinlich ist
aber dieser Name ein Deckname, unter dem ein unbekannter Alchimist seine
in den damaligen Zeiten großes Aufsehen erregenden Schriften herausgab.
Sicher war er ein hervorragender Alchimist und wohl auch Adept. Er empfiehlt
in seinem "Currus Triumphalis Antimonii" das Antimon als Heilstoff von
vielseitiger Wirksamkeit, und äußert sich in seinen "Elf Schlüsseln"
über dessen verschiedenerlei Präparationen, wobei er in versteckter
Weise die Materie zum großen Werk und deren Bereitung durchblicken
läßt.
Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim wurde 1466 zu
Köln geboren und war Schüler des Johannes Trithemus von Sponheim.
Das Hauptwerk von Agrippa ist die "Philosophia Occulta", das umfassendste
und hervorragendste Werk über die hermetische Philosophie und Alchimie.
Aureolus Philippus Bombastus Theophrastus Paracelsus von
Hohenheim wurde 1493 in der Nähe von Zürich geboren, und starb
1541 zu Salzburg. Durch ihn gelangte die Alchimie als Heilkunst zu neuer
Blüte, er erweiterte den Heilschatz der Alchimie bedeutend durch Wiederaufnahme
der Mineralien in die Therapie und wird deshalb, von der Medizin als einer
der ihrigen reklamiert, Schöpfer der chemischen Pharmazie genannt.
Paracelsus betont ebenfalls ganz im Sinne der alten Weisen,
daß die erste Voraussetzung für die Ausübung der Heilkunst
die besondere Begabung ist, die Intuition, die nicht durch schulmäßiges
Erlernen dersetzt werden kann. so sagt er unter anderem in seiner Chirurgia
Magna: "Also hat die Erden den Menschen aus angebohrnen Liebe in ihren
Gewächs zubrauchen sein Geschicklichkeit vom Firmament, und dieselbige
dem Menschen zunutz. Also ist der Arzt geschaffen, daß err bebohren
wird, so werden ihm Künste genug, und findet alle tage was noth ist,
also ist der Vorsprung eines Artztes."
Über die Alchimie äußert er sich in den
Fragmenta Medica: "Viel haben sich in der Alchimey geeußert, sagen
es mach Silber und Gold, so ist doch solches hie nit das fürnemmen,
sondern allein die bereitung zu tractieren, was tugend und krafft in der
Artzney sey." Im Paragranum Tract. III heißt es: "Die Natur gibt
nichts an Tag, das auff sein stadt vollendet sey, sondern der Mensch muß
es vollenden: diese Vollendung heißt Alchymia. Dann ein Alchimist
ist der Beck in dem, so er Brodt backt, der Rebmann in dem, so er Wein
macht, der Weber in dem, so er Tuch macht. Was macht die Byrnen zeitig,
was bringt die Trauben? nichts als die natürliche Alchimey. Also lehrne,
was Alchymia sey, zu erkennen, daß sie allein das ist, das da bereit
durch das Fewer das das unrein und zum reinen macht. Nicht als die sagen,
Alchymia mache Gold und Silber. Hie ist das fürnemmen, mach Arcana
und richt dieselben gegen die Kranckheiten."
Über die große Universalpanazee sagt er im
Schlußkapitel seiner Schrift: "De Tinctura Physica": "Das ist die
Tinctur, dadurch etliche von den ersten Physicis in Egypten, wie dann auch
noch auff diese Zeit 150 Jahr gelebet. Vieler vita hat sich auff etliche
saecula erstrecket, wie die Historien öffentlich ausweisen und doch
sonst niemandem glaubwürdig gedaucht: dann ihre Krafft ist so wunderbarlich,
daß sie den Leib höher, weder die angebohrne Complexion erzeiget,
bringet und in demselbigen Grad standhafftig erhält, daß er
vor allen Kranckheiten frey bewahret, und ob er mit Alter behafftet, scheinet
er gleichsam seiner vorigen Jugendt zugestellet.". "Also Tinctura Physicorum
ist ein Universal, welches verzehret alle Kranckheiten gleich einem Fewer,
so die Höltzer verzehret. Sein Dosis ist gar klein, aber seine Würkung
mächtig groß."
In libro X Archidoxorum schrieb er weiter von diesem größten
Arkanum: "Also ex lapide Philosophorum, der ist der also das hertz reiniget
und alle Hauptglieder, darzu das Gedärme, das Marck und was darmit
begriffen wird, und das ist also, daß kein mangel in ihnen erfunden
wird von keiner Ungesundtheyt, da weichet Podagra, Hydropisis, Icteritia,
Colica, Passio, all ungeschicklichkeyt der vier humores läutert es,
als ob sie gleich seyn der ersten Geburt, denn da weichen alle die Dinge,
so sich unterstehen die Natur zu verderben, wie die Würme das Fewer
fliehen, also fliehet die Kranckheit und Ungesundtheydt diese Ernewerung."
Es wird Paracelsus vorgeworfen, daß er sich in seinen
Angaben über den Stein der Weisen und dessen Metallumwandlungsfähigkeit
öfter zu widersprechen scheint. Diese Widersprüche klären
sich, wenn man in Betracht zieht, daß er einmal die Afteralchimie
und deren vergebliche Versuche meint, das anderermal die wahre Alchimie,
für beide aber dieselbe Bezeichnung gebraucht. Wegen seiner Angaben
über das große Universalelixier und dessen Wirksamkeit wird
Paracelsus für einen Phantasten gehalten, obwohl man ihn sonst hochschätzt.
Man konnte das Universal bisher nicht auffinden, und hält daher alle
Berichte über dessen Wirkung für unglaubwürdig. Als Beweis
gegen das Vorhandensein eines Universals wird angeführt, daß
Paracelsus trotz der angeblichen Kenntnis dieses sagenhaften Mittels verhältnismäßig
früh verstorben sei. Es ist richtig, daß er bereits mit achtundvierzig
Jahren starb, doch ist dies eine der dunklen Stellen in der deutschen Geschichte,
er endete gleich anderen großen Deutschen durch Meuchelmord. Crollius
und van Helmont gaben an, er sei vergiftet worden, nach Berichten seiner
Zeitgenossen ist er durch, von neidischen Ärzten gedungene, Mörder
von einem Felsen herabgestürtz worden. Man brachte ihn noch lebend
in das Gasthaus zum weißen Roß in Salzburg am Kai, wo er verschied.
Als Nachfolger des Paracelsus sind zu nennen Oswald Crollius
oder Kroll, sein Schüler, der eine geschätzte Abhandlung über
die Signaturen und Entsprechungen, sowie ein Werk über die "Königliche
Chemie" hinterließ, weiter Martin Ruland, Leibarzt des Pfalzgrafen
Ludwig; dessen Sohn, Leibarzt Kaiser Rudolph des Zweiten; Michael Hayeck;
Leonhardt Thurneysser in Basel; Ellinger; Joh. Winter von Andernach; Dorn;
B. Carrichter; Alexander von Suchten; Michael Toxites; I.P. Rumelius; J.
Hester in England; Roch de Baillif in Frankreich, ebenso Mathieu Morin;
Joubert; Bernat Pénot und David de Planis Campy, Chirurg Ludwig
des Dreizehnten. Der dänische Arzt Petrus Severinus verfaßte
eine Schrift über die alchimistische Medizin nach Paracelsus, worin
er besonders die Anwendung des Antimons empfahl, über die dann in
medizinischen Kreisen ein heftiger Streit entbrannte.
Um 1600 wirkte Libavius, von dem verschiedene Werke über
die Alchimie herausgegeben worden waren; seine gesamten Schriften erschienen
unter dem Titel "Opera Medico-Chimica" in Frankfurt a. M. 1606. In Bologna
war ungefähr um dieselbe Zeit Fioravanti als spagyrischer Arzt tätig,
der vor allem die alchimistisch bereiteten Pflanzentinkturen gebrauchte.
Zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts wirkte van Helmont,
der als anfänglicher heftiger Gegner der Alchimie durch einen unbekannt
gebliebenen Adepten zum begeisterten Anhänger bekehrt wurde. Die in
seinen Schriften niedergelegten Theorien sind nicht völlig aus hermetischer
Erkenntnis geschöpft, doch folgte er in seinen Kuren der paracelsischen
Alchimie, und sie gelangen ihm derart, daß er wegen Ausübung
von Teufelswerk angeklagt wurde.
1594-1668 lebte als Alchimist und Heiler Johann Rudolph
Glauber, einer der Wegbereiter für die Chemie. Glauber empfahl für
die Bereitung der Quintessenzen den Hefezusatz zur Gärung, gebrauchte
eine Kalilauge, um mit ihr aus Mineralien, Vegetabilien und Animalien die
"Essenz" auszuziehen, fand das "Sal mirabile", das Glaubersalz und war
überzeugt, ein Universalheilmittel aus dem Antimon herstellen zu können.
Er war ein guter Deutscher und befähigter Chemiker, doch kein Adept.
Die Rosenkreuzer
Als eigentliche Hüter der hermetisch-alchimistischen Überlieferung
haben die Rosenkreuzer zu gelten. Der Name Rosenkreuzer ist von dem hermetischen
Symbol, einer Rose inmitten eines Kreuzes abgeleitet, er wird zuerst Ende
des vierzehnten Jahrhunderts erwähnt, nachdem der Ritterorden der
Templer in Frankreich, die im Abendland die geheime Überlieferung
pflegten, durch Mord und Brand völlig vernichtet worden war.
Die Rosenkreuzer waren deutsche Adepten, bei denen eine
Beziehung zu geflüchteten Tempelrittern nicht feststeht, aber wohl
möglich gewesen ist. Viel ist über diese Rosenkreuzer fabuliert
worden, wozu allerlei mystische Gerüchte, die wahrscheinlich
von einer später entstandenen Bruderschaft des Rosenkreuzes ausgesprengt
worden waren, das meiste beigetragen haben mögen. Die ersten, wahen
Rosenkreuzer gehörten nicht einem Orden oder einer geheimen Gesellschaft
an, sondern es waren Adepten, jene, die zur höchsten Kenntnis gelangt
waren und sich durch ihre Schriften erkannten, ohne sich jemals im Leben
zu begegnen. sie konnten von sich sagen, daß sie unsichtbar seien,
was dann aus Unkenntnis zu der Fabel Anlaß gab, daß sie sich
hätten unsichtbar machen können. Unsichtbar sein heißt
so viel, wie unerkannt unter den Zeitgenossen leben, wie es ebenso die
Adepten des fernen Ostens, die Weisen des Tao im "Geheimnis der goldenen
Blüte des Höchsten Einen" von sich sagen konnten: "So lebt man
unter den Menschen, verborgen und sichtbar, anders, wie sie, und doch wie
sie, niemand kann unsere verborgene Weise erkennen und niemand versteht
sie."
Das Symbol des Rosenkreuzes gebrauchten die Adepten als
Kennzeichen für die Übereinstimmung der hermetischen mit der
christlichen Erkenntnis, es findet sich aber auch in der Esoterik des Islam.
Die Rose inmitten eines Kreuzes ist der symbolische Ausdruck
dessen, was die arabische Esoterik mit dem göttlichen Zustand bezeichnet,
die Vereinigung der Gegensätze. Die Rose hat die gleiche Bedeutung,
wie der Becher des Tarot, sie stellt ein Gefäß dar, einen Pokal,
den Gral oder das Herz, und ihr Platz inmitten der vier Kreuzesbalken bedeutet
das geistige Zentrum im Menschen, in seinem aus den vier Prinzipien bestehenden
materiellen Körper. Diesen Sinn erweitert bedeutet sie das heilige
Land (im Menschen), die heilige Erde, die Erde der Philosophen, den Mittelpunkt
der Welt, die Quelle, aus der die geistigen Ströme in die vier Himmelsgegenden
fließen. Alchimistisch bedeutet die Rose im Kreuz die Quintessenz,
das fünfte Wesen, von dem die vier Elemente ausgehen.
Das Symbol des Rosenkreuzes drückt aus, daß
der alte Mensch auf dem kosmischen Kreuz seines gegenwärtigen Lebens
absterben muß, ehe er als ein neuer, reinerer wiedergeboren werden
kann. Er muß sich von seinen Leidenschaften abwenden, sich aus den
Banden des Egoismus, der Sinnestriebe lösen als dem einzigen Weg zur
wahren Erkenntnis.
In ihren Schriften verbanden die Rosenkreuzer die hermetische
Überlieferung mit der christlichen Lehre, sie waren wahrscheinlich
auch die Urheber einer Gesellschaft, die später unter dem Namen Fraternitas
Rosae + Crucis gegründet wurde.
Zu dieser Vereinigung sind zu zählen Heinrich Kunrath,
der "Philosph von Leipzig", Verfasser des "Amphitheater der ewigen Weisheit",
Michael Mayer, Leibarzt Kaiser Rudolph des Zweiten, die Engländer
Thomas Vaughan, genannt Philalethes, und als ihr bekanntester Robert Fludd,
dessen Hauptwerk "Utriusque Cosmi Majoris scilicet Minoris Metaphysica,
Physica atque Technica Historia" betitelt ist.
Verschiedenen von diesen Brüdern des Rosenkreuzes
war das große Meisterwerk der Alchimie bekannt, Robert Fludd und
seine Anhänger verwarfen aber alle Medikamente, und betrachteten die
Alchimie als psychische Heilweise. Von den Rosenkreuzern wird berichtet,
daß sie bald nach dem westphälischen Frieden Europa verlassen
hätten, und nach Indien oder Tibet ausgewandert seien.
Eine später gegründete "Bruderschaft der Gold-
und Rosenkreuzer" mit Ordensgraden, Regeln, Abzeichen befaßte sich
eingehend mit alchimistischen Studien, ohne jedoch das Magisterium Magnum
erlangen zu können. Von ihnen ist Anton Joseph Kirchweger zu erwähnen,
dessen Werk: "Annulus Platonis oder Aurea Catena Homeri" auf den Schriften
Agrippas fußt.
Außer den angeführten Heilern haben zu allen
Zeiten Adepten gelebt, die in der Stille ihren Mitmenschen Hilfe zuteil
werden ließen; sie sind nur soweit bekannt, als sie Schriften unter
ihrem wahen Namen hinterlassen haben.
Der Mensch
nach der Alchimie
Mittelpunkt für die Alchimie als Wissenschaft vom Leben
ist der Mensch, er ist das Abbild der Welt, eine kleine Welt im Weltall,
der Mikrokosmos im Makrokosmos.
Hinter allen Erkenntnissen, allem Wissen steht immer der
Mensch, stets ist er Subjekt, dem objektivierten Ich gegenüber ebenso,
wie allen anderen Objekten. Der Mensch ist ein Dreifaches, wie das Weltall,
er lebt auf drei Daseinsebenen, die den drei Welten entsprechen. Das Dreifache
des Menschen ist der Körper, das Leben und der Wille, drei Grundprinzipien,
deren jedes weiter drei Grade enthält. Diese Grade ergeben zusammen
sieben, wie die sieben Grade der Welt, von denen der dritte Grad eines
unteren Prinzips zugleich den ersten des nächsten Prinzips bildet.
Paracelsus nennt die sieben Stufen oder Grade erstens den elementischen
Leib, zweitens den Archaeus, Spiritus vitae oder Mumia und Lebenskraft,
drittens den siderischen Menschen, Evestrum oder astralen Leib, viertens
den tierischen Geist, fünftens die verständige Seele, sechstens
die Geistseele und siebentens den höheren Menschen des Olympi novi.
Von den drei Prinzipien läßt der tote Mensch
nur das erste erkennen, den Körper, beim schlafenden Menschen sind
zwei vorhanden, Körper und Leben, und beim wachen, tätigen Menschen
drei, Körper, Leben und Wille oder Geist. Ebenso, wie die Prinzipien
der Welt, sind auch die des Menschen nicht scharf voneinander getrennt,
sondern gehen ineinander über.
Für diese Siebenteilung des Menschen, wie sie Agrippa
von Nettesheim in seiner "Okkulta Philosophia" und Paracelsus in der "Philosophia
sagax" darlegten, gab Papus (Dr. Encausse) in dem "Traité Methodique
de Science Occulte" ungefähr folgende Aufstellung:
I. Prinzip, der Körper, Nephesch der Kabbala
1. Grad: Der materielle Körper. Er wird durch die verschiedentliche
Tätigkeit des Leibes unterhalten und erneuert, deren Produkte durch
die Blutflüssigkeit verteilt werden.
2. Grad: Die Lebenstätigkeit des Körpers, das
Eigenleben in den Zellen und kleinsten lebendigen Einheiten.
3. Grad: Der Astralkörper, das belebende Prinzip
des materiellen Körpers, die Vergeistigung des Blutes durch das vegetative
Nervensystem. Er wird erhalten und erneuert durch die Tätigkeit der
Lungen.
II. Prinzip, Astral oder Seele, Ruach in der Kabbala
3. Grad: Die Materie des Astral, der siderische Mensch,
sein mit dem großen Sympathikus in Verbindung stehender materieller
Teil. Er ist das Abbild des materiellen Körpers in feinstofflicher
Astralmaterie.
4. Grad: Das Eigenleben im Astral, die tierische Seele
im Menschen, seine Instinkte, seine Leidenschaften, sein Triebleben.
5. Grad: Das belebende Prinzip des Astral, die verständige
Seele, das denkende und bewußt handelnde Ich, Vermittler zwischen
Körper und Geist.
III. Prinzip, der Geist, Neschamah
5. Grad: Die Verstandesseele, Materie des geistigen Körpers,
die Intelligenz, das Gedächtnis, die Gelehrsamkeit.
6. Grad: Die Lebensfähigkeit des Geistes, die Geistseele,
die innere Stimme, die höheren uneigennützigen Seelen- und Geistesregungen,
die Intuition, bei den meisten Menschen erst im Beginn der Entwicklung,
als Keim vorhanden.
7. Grad: Die göttliche Seele, der höhere, "wiedergeborene
Mensch des Olympi novi", das auf den Geist einwirkende göttliche Prinzip,
die Weisheit.
Das
Astral des Menschen und seine Aura
Zwischen dem materiellen Plan, der Welt der Wirkungen,
und dem geistigen Plan, der Welt der Ursachen, vermittelt der astrale Plan,
dem die Seele des Menschen zugehört. Der Mensch hat nur eine Seele,
nur eine denkende und handelnde Psyche, die sich sowohl auf materiellen,
wie auf astralem und bei weit vorgeschrittenen Menschen sogar auf geistigen
Plan betätigen kann.
Einfache Äußerungen intuitiver Seelenkräfte
sind Symphatie, Antipathie, Ahnungen, weiter dann Wahrnehmung der Aura,
körperliche und geistige Durchschauung anderer, und in höchster
Entwicklung bringen diese Kräfte Änderungen der für den
menschlichen Organismus gültigen Gesetze.
Auf materiellem Plan macht die Seele des normalen Menschen
im wachen Zustand ihre Wahrnehmungen durch die Sinnesorgane, deren Eindrücke
vom Gehirn aufgenommen, kontrolliert und auch aufbewahrt werden. Sie wirkt
auch über das Gehirn, und steht stets in enger Verbindung mit dem
Körper.
Im Schlaf, aber auch bei medial veranlagten und furchtsamen
Menschen im Wachsein ist die Verbindung der Seele mit dem Körper mehr
oder weniger lose, sie kann sich im Traum, in der Hypnose, in der Ekstase,
bei Sterbenden und bei manchen Menschen auch gewollt fast völlig vom
Körper lösen. In diesen Fällen vermag die Seele oder das
Astral unkontrolliert vom Gehirn und unbegrenzt durch Raum und Zeit alles
wahrzunehmen, was sich auf der astralen Ebene abspielt. Dem Wachbewußtsein
bleiben diese Wahrnehmungen entweder verborgen, oder sie erscheinen als
vage Erinnerungen, Visionen, Halluzinationen und können, unbewußt
im großen Sympathikus aufbewahrt, einen wesentlichen Einfluß
auf den Menschen ausüben.
bewußtsein bleiben diese Wahrnehmungen entweder verborgen, oder
sie erscheinen als vage
Erinnerungen, Visionen, Hualluzinationen und können, unbewußt
im großen Sympathikus aufbewahrt,
einen wesentlichen Einfluß auf den Menschen ausüben.
Das Astral und sein Körper, die Aura, ist der Sitz
des leitenden Urprinzips. Alles in der Natur ist
daher lebendig, und nichts ist körperlich, das nicht einen ,,Spiritus'',
einen Geist ein organisierendes
Prinzip in sich verborgen hätte
Die sinnlich wahrnehmbare Substanz aller Wesenheiten der
drei Naturreiche entsteht durch
Verdichtung feinstofflicher, vierdimensionaler Astralmaterie zu dreidimensionaler
des Materiellen.
Alles, was wahrnehmbar im Stofflichen entsteht und ist, war vorher
bereits und ist zugleich in
Astralmaterie vorhanden, und diese Astralmaterie umhüllt und durchdringt
jeden stoffIichen Körper
als Aura.
In den Mineralien ist das Astral die Mineral- oder Kristallseele,
von Paracelsus Stannar oder Truphat genannt. Es wird nur langsam und unmerklich
vom lebendigen Prinzip beeinflußt, weshalb die
Mineralien der mensch1ichen Beobachtung leblos erscheinen In den Pflanzen
ist das Astral die
Pflanzenseele, von Paracelsus Lefias genannt. Sie ist empfänglich
für die Emanationen des lebendigen
und lebenschaffenden Urprinzips, aber nicht für die höher
schwingenden psychischen Wellen. Die
Pflanzen sind daher ohne Gefühl. Evestrum, wie Paracelsus die
Seele des Tieres nennt, ist
aufnahmefähig für die lebendigen und psychischen Schwingungen,
aber nicht für die hohen einer
Vernunft. Das Astral des Menschen empfängt sowohl die lebendigen,
wie die psychischen
Emanationen und die der höheren Vernunft. Dem Menschen ist es
in sein freies Ermessen gestellt,
sein Astral weiter aufnahmefähig zu machen für die höchsten
Schwingungen des göttlichen Geistes,
um diesen in sich wirken zu lassen, die Vereinigung mit dem höchsten
Prinzip und damit die
Unvergänglichkeit zu erlangen.
Die Aura ist unter bestimrnten Voraussetzungen für
den Menschen wahrnehmbar. Die
Aurastrahlungen des Menschen, die von dafür Empfänglichen
bemerkt werden, konnte in neuerer
Zeit ein Arzt in London der allgemeineren Beobachtung zugängig
machen. Durch Versuche fand er,
daß die Strahlen sichtbar werden, wenn man irgend eine Versuchsperson
durch einen besonderen
Schirm betrachtet. Der Schirm besteht aus einer flachen, verschlossenen
Glasflasche, die eine
alkoholische Dicyaninlösung enthält.
Die durch diesen Schirm sichtbar werdende Aura wird beschrieben
als farbiger, schwachleuchtender Brodem verschiedener Dichte und Form je
nach den einzelnen Individuen, ihrem vorherrschenden Charakter, ihrem Temperament,
ihrem Gesundheitszustand. Im allgemeinen erkennt man drei Zonen, von denen
die erste eine dunkle Umrahmung von der Breite eines halben Zentimeters
ist. Sie umgibt den ganzen Körper, hüllt ihn ein und verbreitert
sich bei Krankheit und Neurosen. Ihre Struktur erscheint körnig mit
Neigung zu Streifenbildung. Die zweite Zone hat eine Breite von zwei bis
acht Zentimeter, sie umgibt die erste und verwischt sie stellenweise. Sie
besteht aus senkrechten gebündelten Streifen ohne besondere Färbung
und ist am äußeren Rand gewunden und ausgezackt. Die dritte,
äußere Zone hat ebenfalls keine besondere Färbung und verläuft
nach außen in den Raum.
Während der Beobachtung sieht man verschiedene glänzende
Strahlen auftauchen und wieder
verschwinden. Es sind erstens Strahlungen, die von einer Körperstelle
auf eine andere derselben oder
einer benachbarten Person übergehen. Sie erscheinen als stark
glänzende, bläulich vibrierende
Pünktchen. Eine zweite Strahlung geht von der inneren Zone rechtwinklig
zum Körper aus bis an die
Grenze der äußeren Zone und macht den Eindruck elektrischer
Funken. Drittens erscheinen hier und
da rings um den Körper leuchtende Punkte, die plötzlich auftauchen
und ebenso schnell wieder
verschwinden. Versuche haben ergeben, daß diese Ausstrahlungen
nicht polarisiert sind und sich
nicht bestimmen lassen, sie werden von einer Kraft hervorgebracht,
die weder magnetisch,
noch elektrisch, noch radioaktiv ist. In der Allgemeinfärbung
der Aurastrahlung konnten drei typische
Arten festgestellt werden: weiß bei solchen Versuchspersonen,
deren Intelligenz den Durchschnitt
übertrifft, graublau bei mittelmäßiger Intelligenz
und grau bei Intelligenzen unter dem Durchschnitt.
Jenen Personen, die durch Veranlagung oder Ausbildung
dieser Fähigkeit die menschliche Aura
erkennen, erscheint sie bedeutend reicher, wie die durch das materielle
Hilfsmittel des
Dicyaninschirmes sichtbar werdende. Sie sehen sie als eine vielfarbige
Hülle, die in jedem Augenblick
der Beobachtung die Synthese einer Unmenge von sekundären Auren
ist, von Ausstrahlungen aller
Lebenselemente, Nerven, Zirkulationssystem, Verdauungssystem, Organe
und Zellen.
In dieser Unzahl lassen sich dann zwölf Strahlungsarten
unterscheiden, entsprechend den zwölf
Strahlungsfeldern des Tierkreises und den zwölf Tönen der
Tonleiter, sieben Töne der diatonischen
und fünf der chromatischen Jede dieser Auren ist veränderlich
nach den temporären Modifikationen
des Bewußtseins, wodurch ein weiteres Wechselspiel in der Aura
als Ganzes gesehen entsteht. Drei
Gruppen bieten in dem Strahlungs- und Farbendurcheinander einen Anhalt
zur Unterscheidung, die
Gruppe der physischen, die der animistischen und die der mentalen Auren.
Die Lebensenergie des Astral, die in ihm vorhandene lebendige
Kraft des Ur-Prinzips bewirkte die
Involution, die Verdichtung zu Stoff, zum körperlichen Menschen.
Nach dem leiblichen Tode bleibt
diese Kraft dem körperlosen Ich erhalten, sie wirkt weiter als
Wille zum Leben, und dieser Wille
schafft unbewußt die Bedingungen zu neuen Inkarnationen. Sie
erfolgen unter verschiedenen
Verhältnissen je nach den selbstgeschaffenen Bedingungen, nach
der Rückwirkung derjenigen
astralen und geistigen Kräfte, die während eines Lebens in
Bewegung gesetzt wurden. Diese Kräfte,
die der Mensch durch seine Gedanken, seine Triebe, Leidenschaften,
Taten im irdischen Dasein
selbst bestimmte, formen sein Schicksal während der nächsten
Verkörperung.
Daß die fortschreitende Entwicklung bei den Wesen
und bei den eizelnen Menschen verschieden ist, ergibt sich aus dem allgemein
herrschenden Gesetz von der Ungleichheit. So übereinstimmend die
Geschöpfe in ihren Arten erscheinen mögen, ist doch jedes
ein besonderes, unterscheidet sich von
allen anderen der gleichen Art, denn die Natur erschafft niemals Kopien,
sondern stets Originale.
Jeder Mensch ist unterschieden von seinesgleichen, er hat seine eigene
Welt, deren Mittelpunkt er ist,
und deren Horizont weiter oder enger ist je nach seiner bisherigen
Evolution. Eine allgemeine
Gleichheit der Menschen zu fordern, ist ein Wahnkranker Gehirne, ein
Blick um sich herum genügt, um zu erkennen, daß die Welt in
allen ihren physischen und moralischen Erscheinungsformen vom Gesetz der
Ungleichheit regiert wird.
Jeder Mensch hat nach der sozialen und familiären
Gruppierung seine bestimmten Pflichten, die er
erfüllen muß, bevor er Rechte beanspruchen kann. Diese Pflichten
ergeben sich aus seiner Stellung im
Leben, und die Stellung wurde durch seine Handlungen in früheren
Daseinsformen bestimmt.
So lehrte die Alchimie als hermetische Philosophie mit
der Selbsterkenntnis die Pflichterfüllung, und
die soziale Verschiedenheit der Menschen ist der Ausdruck der Verschiedenheit
ihrer Pflichten. Nicht
das tatenlose Sichergeben in ein scheinbar unverdientes Geschick, das
Hadern mit dem Schicksal,
das Sichabsondern sondern Pflichterfüllung je nach dem Platz,
auf den der Einzelne gestellt wurde,
führt wahrhaft aufwärts, führt mit dem Aufstieg zu einem
immer mehr sich erweiternden Pflichtenkreis
mit größerer Verantwortung, mit sich weitendem Horizont.
Die individuelle Evolution aber bedingt den Tod, denn
wenn auch oft scheinbar stillstehend und sogar rückwärtsführend,
ist sie doch mit wenigen Ausnahmen eine fortschreitende Entwicklung nach
oben, nach der geistigen Seite hin, ein Entfernen vom Materiellen. Der
Geist war es, der den Körper
des Menschen bildete als sein Werkzeug für die Arbeit am Ich.
Mit der sich ändernden geistigen
Beschaffenheit, mit der Entwicklung nach oben wird dieses Werkzeug
ungenügend, es muß den
neuen Bedingungen entsprechend von Grund aus umgestaltet, durch den
Tod zerstört und völlig neu
gebildet werden.
So ungleich aber auch die Stufen der Entwicklung sein
mögen, auf denen sich die einzelnen Menschen befinden, ein Band verbindet
sie alle, in allen ist der Keim für einen neuen, wiedergeborenen Menschen,
der "Odem Gottes", den er dem Menschen allein einblies nach der Darstellung
der Genesis.
Das Ich des Menschen inkarnierte sich unter den geeigneten,
zur Zeit der Empfängnis herrschenden
kosmischen Emanationen, sie prägen die Grundanlage, die geistigen
Eigenchaften, und entsprechen
der Stufe seiner bisherigen Entwicklung. Bei seiner Geburt empfängt
der Mensch weiter den Einfluß
der zu diesem Zeitpunkt herrschenden Planeten und des aufsteigenden
Tierkreisfeldes, er empfängt
ihn in dem Augenblick, zu dem seine Lungen zu atmen beginnen, womit
die Verbindung dieses
Mikrokosmos mit dem Mäkrokosmos als selbständiges Lebewesen
aufgenommen wird. Die
körperliche und seelische Anlage des Menschen, seine charakteristische
Konstitution, zeigt sich im
Vorherrschen von einer der vier Elementareigenschaften warm, feucht,
kalt und trocken, die zu-
sammen mit einer zweiten Elementareigenschaft das Temperament prägen.
Die Konstitution ist der
Mensch selbst, sie ist bleibend, das Temperament ist die Art und Weise,
wie er in Erscheinung tritt,
es ist veränderlich.
Den vier Elementareigenschaften entsprechen vier Temperamente:
das cholerische, warm, das
sanguinische, feucht, das lymphatische, kalt, das melancholisch-nervöse,
trocken. In jedem
Temperament ist eine der vier Körperflüssigkeiten, der Humores,
vorherrschend, in dem
warm-cholerischen die Galle, in dem feucht-sanguinischen das Blut,
in dem kalt-lymphatischen die
Lymphe, der Schleim, und in dem melancholisch-trockenen die Schwarzgalle.
Das cholerische
Temperament zeigt sich energisch, großherzig, ehrgeizig, verachtet
das Geld, ist ein unermüdlicher
Arbeiter, aber leidenschaftlich, jähzornig und halsstarrig. Das
sanguinische Temperament ist lebhaft,
lustig, großzügig, wird leicht heftig, ebenso schnell wieder
besänftigt, ist aber auch flüchtig und
unbeständig. Das lymphatische Temperament ist phlegmatisch, unentschlossen,
furchtsam, allen
größeren Anstrengungen abgeneigt und keusch aus Gefühlskälte.
Das nervöse Temperament ist von
wechselvoller Stimmung, es geht allem auf den Grund, doch neigt es
zu Traurigkeit,
Zornesausbrüchen und Furcht, ist grüblerisch und auch rachsüchtig.
Jedes Temperament ist zu
bestimmten Krankheiten geneigt, das cholerische neigt zu Krankheiten,
die durch Stauungen in Leber, Galle, Milz, Pfortadersystem entstehen, oft
heftig sind und leicht chronisch werden. Das sanguinische
Temperament neigt zu Krankheiten durch Blutüberfüllung und-stauung,
Kopfschmerzen, Herzklopfen,
Krampfadern, Hämorrhoiden, Schlaflosigkeit, Herz- und Blutgefäßentzündungen.
Das lymphatische
Temperament neigt zu chronischen Erkrankungen des Drüsensystems,
zu Skrophulose, Tuberkulose,
Katarrhen, Hautkrankheiten und Wurmbeschwerden, das nervöse Temperament
zu Verstopfung,
Durchfall, Gefräßigkeit, Neurosen, Neuralgien, Lebensüberdruß.
Therapie,
Pharmakologie und Pharmazie der Alchimie
Die Alchimie ist als Heilkunst. zugleich Therapie, Krankheitsbehandlung,
Pharmakologie, Arzneimittellehre und Pharmazie, Arzneimittelbereitung.
In ihrer Therapie und Pharmakologie stützt sich die Alchimie auf die
Astrologie, auf die hermetische Lehre von den Wechselbeziehungen zwischen
den Welten, insbesondere zwischen der astralen Welt, der Welt der Seele
und der Gestirne, und der irdischen mit ihren Geschöpfen, mit dem
Menschen.
Für die Linderung und Heilung der menschlichen Krankheiten gebrauchte
die Alchimie hauptsäch-
lich ihre Quintessenzen. Die Auswahl der Rohstoffe richtet sich nach
den Signaturen, den Kennzeichen, die alle Wesenheiten aufweisen. Man bestimmte
die Art einer Krankheit, dann den Planeten, der das erkrankte Organ regiert
und das Tierkreiszeichen, welchem der erkrankte Körperteil Zuge-hört,
um dementsprechend die Stoffe für die Bereitung der Heilmittel auszuwählen.
Nach der hermetischen Lehre von der Analogie zwischen Weltall und Erde
mit ihren Geschöpfen weist jede irdische Wesenheit durch ihre Signaturen
auf den Gebrauch, den der Mensch davon machen kann1). So entspricht
beispielsweise die grüne Schale der Walnuß der äußeren
Kopfhaut, die holzige Schale der Hirnschale, die beiden Kernhäute
den Hirnhäuten, der Kern dem Gehirn. Auch die kleinen Blütenblätter
der Päonie zeigen ein auf die Adern und die Hirnhaut weisendes Kennzeichen,
und geben daher ein Heilmittel gegen bestimmte Gehirnerkrankungen, Epilepsie
und an-deres. Dasselbe läßt sich von den Meerzwiebeln sagen,
sie haben Kopfform. Das Haar- und Baummoos weist auf die Kopfhaare, ebenso
die pelzige Schale der Quittenäpfel, deren Aufgüsse, als Einreibung
gebraucht, das Wachstum der Haare fördern und das Ausfallen hindern.
Die Haselwurz
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1) Baptista Porta. Magia Naturalis; Kircher:
Oedipus Aegyptiacus; Crollius : Basilica Chymica, Tractatus de Signatura
Rerum Interna.
_____________
hat die Form des Ohres in ihren Blättern, sie stärkt Gehör
und Gedächtnis, die Abkochung der Pflanze in Salzwasser bringt geschwächtes
und verlorenes in Gehör wieder. Sturmhutblüten haben die Signatur
der Pupillen, das aus ihnen destillierte Öl ist heilsam bei verschiedenen
Augenleiden. Auch Ginster, Augentrost, Skabiosen, Kamillen, Grindkraut
und Fingerhut haben auf die Augen weisende Zeichen. Die Blätter der
wilden Minze haben annähernd Nasenform, ihr Extrakt bringt verlorenen
Geruch wieder. Die Hauswurz läßt sich in ihren fleischigen Blättern
mit dem Zahnfleisch vergleichen, sie heilt dessen Schäden. Bei anderen
Arten des Zahnleidens hilft das Bilsenkraut, eine Abkochung von Persicaria
in Essig heilt alle Zahnschmerzen und dasselbe wird von der Abkochung der
Pinienkerne behauptet wegen ihrer Zahngestalt. Auf die Leber weisen Schwämme
und Pilze, Pfifferlinge, Leberkraut und auch die Birnen. Herzsignatur zeigen
Zitronenmelisse, Quittenäpfel, Mais und Borstengras; eine Signatur
der Lunge hat das Lungenkraut, auf die Milz weisen Hirschzunge und Lupinen,
auf den Magen die Wurzelknolle des Alpenveuchens, Ingwer und Galgant. Zeichen
der Därme haben Kalmus und Kassienröhren, der Blase Alkekenge,
Blasenschötchen, der männlichen Geschlechtsorgane Knabenkrautzwiebeln,
Knoblauch, Bohnen, Kichererbsen, Fichtenzapfen, Eicheln. Gegen die von
den Franzosen Aiguilette genannte geschlechtliche Störung hilft eine
Abkochung von Zichorienstrünken, gegen Scheidenentzündung eine
solche von Habichtskraut. Leiden der Gebärmutter bessert nach der
Analogie Osterluzei, auch die innere Haut der Birkenrinde mit ihrer Aderzeichnung,
Muskatnuß und Granatäpfel. Auf die Nieren weist Portulak und
Schachtelhalm, auf das Rückenmark Bärlapp, Farren, auf die Nerven
Wegerich, auf die Haut Johanniskraut usw.
Die Tierorgane entsprechen den gleichen menschlichen Organen,
sie geben, alchemistisch bereitet, entsprechende Heilmittel, und es ist
nicht ein Organ im Menschen, das nicht sein Analogon im Mineral-, Pflanzen-
und Tierreich hätte, um nach der Bereitung das entsprechende Heilmittel
darzustellen.
Von den sieben Planetn der alten Astrologie beherrscht
die Sonne die Blutzirkulation, das Herz, die Arterien, das rechte mänliche,
linke weibliche Auge und den Sehnerv. Mineralien der Sonne sind Gold und
Antimon, Drogen sind Moschus, Weihrauch, Bemstein, Safran, Honig und Gewürznelken.
Die der Sonne zugeteilten Pflanzen sind mittelgroß, haben gelbe Blüten,
einen aromatischen Duft und angenehm säuerlich schmeckende Früchte.
Polygonum heut Herz-, Magenschmerzen und geschlechtliche Ausschweifungen,
Euphrasia katarrhalische Augenentzündungen, Atenaria margaritacea
Apoplexie, Fraxinus stärkt das Herz, Tamarix germanica ist hilfreich
gegen Epilepsie und kräftigt das Gehirn, Melisse ist ein Tonicum,
Enula campana in Wein behebt Asthma und stärkt die Sehkraft, Lorbeer
ist giftwidrig und Zitrone reinigend.
Der Mond wirkt auf das Gehirn ein, auf das linke männliche
und rechte weibliche Auge, auf Magen, Därme, Brüste, Blase, Uterus,
auf die Menses und andere Körperausscheidungen. Mineralien des Mondes
sind Silber, Bergkristall und Perlen. Drogen sind Kampfer, weißer
Sandal, weißer Bernstein, Mohn. Seine Pflanzen haben meist eigenartige
Formen, weiße Blüten, die entweder geruchlos sind oder fade
riechen, und haben Früchte, die geschmacklos sind, oder widerlich
schmecken. Destillierter Saft aus Melonen heilt Fieber und innere Entzündungen,
Mandragora heilt Rose usw.
Merkur beeinflußt Hirn und Gedächtnis, Hände
und Füße mit Fingern und Zehen, Zunge und Nerven. Seine Mineralien
sind Quecksilber, Markasiten, Porphyr und Achat. Drogen sind Styrax, Benzoeharz
und Eschensamen. Die Pflanzen, die dem Merkur zugeteilt werden, sind mittelgroß,
oft gewunden, haben kleine, mehrfarbige Blüten mit unangenehmem Geruch
und Früchte mit verschiedenerlei Geschmack. Die Quintessenz von Haselwurz
stärkt Gehör und Sehkraft, die aus Majoran bereitete ist dienlich
gegen Lethargie, Nervenschmerzen; Schlangenkraut heilt Asthma, Wacholder
Koliken und Wassersucht, wohlriechender Klee Failsucht und Harnverhaltung.
Venus wirkt auf Hals und Kehle, Brustwarzen, Unterleib
mit Geschlechtsorganen, Nieren, Kiefern, Kinn. Mineralien sind Kupfer,
Smaragd und Chrysolith, Drogen sind Moschus und Zibet. Die ihr unterstellten
Pflanzen sind klein, haben schöne, große Blüten mit aromatischem
Duft, süßschmeckende Früchte oder sie sind ohne Früchte.
Die Rose heilt Gonorrhoe, Gebärmutter- und andere Entzündungen
der weiblichen Geschlechtsorgane, und dasselbe gilt von den Seeblumen,
die auch Priapismus, Schwindel und Brennen in der Leber beseitigen. Die
Lilien heilen Leibaufblähung, Lähmungen und Schwerhörigkeit.
Mars beeinflußt Gallenblase, Nieren, männliche
Zeugungsorgane, Muskeln, Sehnen und linkes Ohr. Mineralien sind Eisen,
roter Jaspis, Amethyst, Hyacyntb, Onix; Drogen sind Pfeffer, Ingwer, Nießwurz,
Wolfsmilch, Schwefelblumen und Salmiak. Die Gewächse sind stachlich,
dornig oder sie haben Brennhaare, sie sind klein mit kleinen, roten Blüten,
und diese haben einen prickelnden, oft unangenehmen Geruch. Disteln heilen
Brustfell-entzündung, ihr Same Dysentene, Brennesselblätter vertreiben
Geschwülste, und ihr Same ist heilsam bei Brustfellentzündung
und Schweratmigkeit.
Jupiter wirkt auf Lungen, Arterien der Luftröhre, Atmungsmuskeln
und -nerven, Brustraum, Seiten, Zwerchfell, Leber und Venen. Mineralien
sind Zinn, Saphir und Jaspis. Seine Pflanzen sind groß und voll,
haben blaue oder helle Blüten ohne Duft, und süß oder säuerlich
schmeckende Früchte. Betonie heilt Geschwüre, Balsamine Wunden,
Ringelblume Gallenverstopfung usw.
Saturn beeinflußt Knochen, Zähne, Milz, Blase,
Hüften und das rechte Ohr. Mineralien sind Blei, Stahl, Pechkohle,
Auripigment, Zinnober, Achat, Chalzedon, Topas. Drogen sind Resina Scammonii,
Opium, Schwefel, Alaun; seine Pflanzen sind groß, trist, haben dunkle
Blüten mit üblem Geruch und bittere, zusammenziehende und auch
narkotische Früchte. Affodill, Hanf, Mandragora, Klette, Farn haben
blutstillende Eigenschaft, Zypresse, Pinie, Tamariske und Eibe heilen Lepra,
Blasenverstopfung, Milzleiden usw.
Je nachdem sich die Planeten in einem der Zeichen aufhalten,
werden entsprechende Erkrankungen ausgelöst. Besonders kennzeichnet
sich diese Einwirkung, wenn sich der Mond in einem dieser Zeichen aufhält,
weil er gewissermaßen als Sammellinse der übrigen PlanetenstrahIen
zu betrachten ist. So zeigt sich sein Einfluß im Widder mit der Elementareigenschaft
warm-trocken, Haus des Mars, auf den Kopf, auf Gehirn, Augen, Ohren, Nase,
Mund, Zunge, Zähne, Haare. Heilstoffe sind außer den entsprechenden
Tierorganen Paeonien für den Kopf, ebenso Nux moschata, Papaver, Agaricum,
Lilium; für die Augen Scabiosa, Euphrasia für die Ohren Austernschalen,
Schnecken; für die Nase Agaricum, Lycopodium; für die Zunge Cyno-glossum,
Buglossum; für die Zähne Hyoscyamus, Chelidonium, Basilicum.
Im Stier, kalt-trocken, Haus der Venus, bringt er eine
Einwirkung auf Schilddrüse, Hypophyse, Thymus, Hals und Kehle. Heilstoffe
geben die be-treffenden Tierorgane und Scrofularia.
In den Zwillingen, feucht-warm, zeigt sich ein Einfluß
auf Atmungssystem, auf Schultern, Arme, Hände und Brust. Heilmittel
für die Schultern sind Enula campana, Hissopus; für Arme und
Hände Calamus aromaticus, Palma Christi; für die Milchsekretion
Lactuca sativa und Taraxacum.
Im Krebs, kalt-feucht, Haus des Mondes, wird Brustraum,
innerer Lungenflügel, Brustfell, Leber und Milz angegriffen. Heilmittel
für die Brust sind Pulmonaria und Viscum Quercus; für die Milz
Scolopendrium; für die Leber Lichen und Quercus. Gallen5tauung heut
Crocus, Rheum, Absyntliium, AIe; gegen die schwarze Galle dienen alle Pflanzen
mit violettem oder schwärzlichem Milchsaft, wäh-rend solche mit
weißem Milchsaft Antiphlegmatica sind. Tierische Heilstoffe geben
Lungen, Ziegen-und Taubenleber, Schafmilz.
Im Löwen, Haus der Sonne, warm-trocken, wird das
Blutsystem angegriffen, Blut- und Nervensubstanz, Magen, Zwerchfell, Rückenmark
und Herz. Blutungen heilen Runkelrüben Fragaria, und alle
Pflanzen mit rotem Saft, roten Stengeln oder Blättern. Blutvergiftung
beseitigen Schlan-gen, Spinnen und Skorpione.
In Jungfrau, Haus des Merkur, zeigt sich der Ein-,fluß
der Mondstrahlung auf Magenmund, Solarplexus, Pankreas und Därme.
Heilmittel geben Regenwürmer, für den Magen Aristolochia, für
die Därme Cassia, Calamus, und Carminativa sind Lor-beer- und Ginsterbeeren,
Kümmel- und Anis-samen.
In Wage, warm-feucht, Haus der Venus, werden Nabelgegend,
Weichen, Nieren, Blase, Keimdrüsen angegriffen. Diuretica sind Daucus
carota, Humulus lupulus, Asparagus, Symphitum, und alle Pflanzen
mit blaßgelben Blüten und salzigem Geschmack; Blasen- und Nierenstein
heilen Saxifraga und Mujum.
In Skorpion, kalt-feucht, Haus des Mars, er-streckt sich
der Einfluß auf die Geschlechtsorgane, Nase und Schlund, Nebennieren.
Heilmittel geben neben den entsprechenden tierischen Organen die Orchideen
Eicheln, Kichererbsen, und spermatisch wirken alle Pflanzen mit Milchsaft.
In Schütze, warm-trocken, Haus des Jupiter; wird
das Muskelsystem beeinflußt, Blutgefäße, Darmhäute,
Gesäß, After und Schenkel. Heilstoffe geben Ruta, Scrof ularia.
In Steinbock, kalt-trocken, Haus des Saturn, sind Knie,
Beinnerven, Zellgewebe, Haut und
Schleimhäute bedroht. Heilstoffe sind alle Giftpflanzen.
In Wassermann, warm-feucht, Haus des Saturn, werden Zellwände,
Kniekehlen, Unterschenkel und Blutumlauf beeinflußt, Eine von den
Heilpuanzen ist Geranium, Storchschnabel, in den rot und violett blühenden
Arten.
In Fische, kalt-feucht, Haus des Jupiter, sind Knöchel,
Füße, Synovialkapseln, sehnige und fibröse Häute,
sowie das Lymphsystem bedroht. Heilmittel geben alle Wasserpflanzen.
Der Kopf ist bedroht, wenn sich der Mond im Widder befindet, warm-trocken,
die Füße, wenn er sich in den Fischen aufhält, kalt-feucht.
Krebs, Jungfrau, Skorpion und Steinbock mit der Elementareigenschaft kalt
wirken auf die linke Körperseite, Zwillinge, Löwe, Waage, Schütze
und Wassermann mit der Eigenschaft warm auf die rechte. Nach dieser uralten
Einteilung hat die rechte Körperseite die Elementareigenschaft warm,
die linke kalt. Trocken und feucht wechseln ab, das Trocken-Feuchte der
linken Seite ist schwächer, wie das der rechten, nämlich links
kalt, rechts warm. Die Erfahrung bestätigt, daß die linke Körperseite
empfindlicher ist, wie die rechte, und daß man den Kopf kalt, die
Füße warm halten soll, um Störungen zu vermeiden.
Die in einen Kreis nach ihrer Reihenfolge eingezeichneten
zwölf Tierkreiszeichen stehen sich je zwei gegenüber und stehen
auch gegenseitig in bestimmten Winkeln zu einander. Es weist dies auf Beziehungen,
die zwischen den Zeichen und damit zwischen den von ihnen vertretenen Körperteilen
und Organen bestehen.
Krankheiten, die unter die einzelnen Zeichen fallen, sind
in
Widder:Gehimleiden, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Nervenschmerzen
und entzündungen, Augenleiden,
Ohrenleiden, Taubheit, Schwindel;
Stier:Halsleiden,Kropf, Krupp, Diphtherie, Apoplexie, Mandelentzündung,Stimmbandleiden;
Zwillinge:Bronchialleiden, Asthma, Pneumonien, Lungentuberkulose, Nervenleiden,
Störungen in Armen und Händen;
Krebs:Verdauungsstörungen, Magenleiden, Wassersucht, Krebs, Bleichsucht;
Löwe:Herzleiden, Blutkreislaufstörungen, Ohnmacht, Halsleiden;
Jungfrau:Darmleiden, Durchfall, Verstopfung, Kolik, Tuberkulose, Cholera,
Würmer, Bauch-fellentzündung, Anämie;
Wage:Nierenleiden, Stein, Diabetes, Nephritis, Blasenkrankheiten, Reißen
in den Lendenmuskeln;
Skorpion:Blasen- und Geschlechtskrankheiten, Nierenbecken- und Kelchentzündung,
Uterus-leiden, Harnverhaltung, Syphilis, Halsleiden;
Schütze: Husten, Hüftgelenkentzündung, Nerven-leiden,
Gicht, Ischias;
Steinbock: Hautkrankheiten, Gelenkrheumatismus, Melancholie;
Wassermann: Blutverderbnis, Herzschwäche,
schlechte Säftezirkulation, Nervenleiden, Bleich-sucht, Krampfzustände;
Fische: Ödeme, Wassersucht, Drüsenleiden, Alkoholismus usw.
Die zwölf Zeichen werden eingeteilt in vier Gruppen,
Trigone, als
drei feurige Zeichen: Widder, Löwe, Schütze;
drei luftige Zeichen: Zwillinge, Wage, Wassermann;
drei wässrige Zeichen: Krebs, Skorpion, Fische;
drei irdische Zeichen: Stier, Jungfrau, Steinbock. Weiter ergeben die
zwölf Zeichen drei Gruppen zu vier Zeichen, nämlich
vier Hauptzeichen: Widder, Wage, Krebs, Steinbock;
vier feste Zeichen: Stier, Skorpion, Löwe, Wassermann;
vier bewegliche Zeichen: Zwillinge, Schütze, Jungfrau, Fische.
Es bilden die zwölf Zeichen demnach eine Dreiheit, die ihren Ausdruck
in einer Vierheit findet.
Die vier Zeichen jeder Dreiheit stehen zu einander im Geviert- oder
im Gegenschein, sie bilden einen unharmonischen Aspekt, und damit wird
es erklärlich, daß eine Krankheit, die unter das eine Zeichen
fällt, auch in den damit durch den unhar-monischen Aspekt in Verbindung
stehenden anderen Zeichen derselben Gruppe sich äußern wird
je nach Konstitution und Temperament. So zum Beispiel Wassermann: Blutverderbnis
mit mangelhafter Zirkulation, wirkt auf Stier: das Kleinhirn ist in Mitleidenschaft
gezogen, weiter auf Skorpion: die Sexualfunktion ist beeinträchtigt,
Löwe: es treten Herzstörungen, Rückenschmerzen auf, und
Wassermann: Krampfzustände sind die Folge.
Wage: chronische Nierenentzündung, bei der das Nierengewebe
geschädigt wird, steht in Verbindung mit Krebs: Magen- und Darmleiden,
Widder: Anämie und Augenleiden, und Krebs-Skorpion-Wage: Hautwassersucht
tritt auf
Diphtherie hat oft Herzschwäche und eine sich rasch
entwickelnde Anämie: Stier-Löwe-Wassermann.
Zwillinge: Lungentuberkulose, steht nicht selten im Zusammenhang
mit Jungfrau: Darmleiden> die in der Jugend sich in Wurmbeschwerden äußern,
und mit Fische: Drüsenleiden, und zeigt im Beginn den charakteristischen
kurzen, trocknen Husten: Schütze.
Neurasthenie, Widder, zeigt häufig Schlaflosigkeit:
Widder, geschwächtes Gedächtnis: Widder und Krebs, sowie Kopfschmerzen
infolge gastrischer Störungen.
Die männliche Geschlechtsreife: Skorpion, zeigt sich
im Stimmwechsel: Stier. Sondert die Haut reichlich Schweiß ab: Steinbock,
so werden die Nieren entlastet: Wage, und so ließen sich noch viele
Beispiele anführen.
Auch der menschliche Organismus zeigt die drei Hauptprinzipien
Schwefel, Merkur und Salz, und zwar in den drei Vierergruppen. Die normale
Beschaffenheit dieser Prinzipien und ihres Verhältnisses zueinander
bedeutet Gesundheit des Menschen, eine Änderung darin läßt
Krankheiten entstehen.
Nach den Aufzeichnungen, die David de Planis Campy über die paracelsische
Alchimie hinterlassen hat, sind diese krankmachenden Veränderungen
verschiedener Art. Im Schwefel zeigen sie sich als Gerinnung, Entzündung
und Auflösung.
Die Gerinnung des Schwefels verursacht Gehirnerkrankungen,
Schwindel, Apathie, Koma. Solche Schäden werden behoben durch "den
warmen Schwefel der Sonne", eine Gold-Schwefel-Verbindung mit der Tinktur
aus Convallaria und dem Öl aus Caryophyllum. Die Entzündung des
Schwefels bildet die Ursache für putride und pestilenzielle Fieber,
sie erzeugt Erysipelas, Gangrän, Phlegmone und Ophthalmien. Beseitigt
werden diese Er-krankungen durch einen schweißtreibenden Schwefel,
wie der aus dem Knallgold bereitete, der mit dem Salz aus Artemisia Absynthium
zu mischen ist.
Die Auflösung des Schwefels hat Dysenterien, Diarrhöen,
Vomitus, Diabetes und andere unnormale Ausscheidungen zur Folge, die heilbar
sind durch eine Mischung der Öle aus Caryophyllum und Citrum, oder
durch das Oleum Petri mit der Konserve aus Pfefferminze.
Veränderungen, denen der Merkur im Menschen unterworfen
sein kann, sind Destillation, Sublimation und Präzipitation, die stets
erst nach vorangegangenen Störungen im Schwefel und Salz entstehen.
Eine Destillation des Merkur kann trocken oder feucht
sein. Ist sie trocken, so erzeugt sie Blähungen, Koliken, Bauchauftreibung,
Skropheln, Mandelentzündung und Wassersucht. Geheilt werden diese
Schäden durch "das Primum Ens Hydrargyn" mit oder auch ohne die Essenzen
von Hypencum und Acorus Calamus. Eine feuchte Destillation verursacht Apoplexie,
Paralysen, Spasmen, Incubus und Tenesmus. Dagegen hilft das Öl aus
dem Calomel mit Salbeiessenz.
Die Sublimation des Merkur zeigt sich in Manien, Brustfell-
und Lungenentzündung, Schwindsucht, Anthrax, Lepra, Lues, Pestbeulen
oder Migränen. Geheilt wird dies durch das Bezoarticum minerale mit
dem Salz aus Artemisia.
Die Präzipitation des Merkur zeigt sich an Gliedern
und Knochen, sie verursacht Gicht, Ischias, Knochenleiden. Ein Heilmittel
bildet das durch Sublimation kristallisierte Quecksilber mit dem Extrakt
von Helleborus.
Das Salz hält Schwefel und Merkur zusammen, es hat
koagulierende, läuternde und erhaltende Eigenschaft, doch bringt seine
Destillation, Kalzination und Reverberation Schaden. Die Destillation zeigt
sich durch Ödeme, Wasseransammlung in Bauch, Brust, Kopf und Fußen,
als Diabetes und Kachexie. Man heut dies durch das "Primum Ens vegetabile",
gegeben mit dem Extrakt aus Esula minor.
Wenn das Salz im Körper kalziniert wird, so entsteht
daraus ein Tartarus, der die Ursache für Gries- und Steinleiden bildet.
Diese Krankheitserscheinungen werden durch das aus Bergkristall zu bereitende
Salz geheilt, das mit dem aus Ononis spinosa destillierten Wasser,
mit präparierten Krebsaugen oder mit Weinsteinöl gegeben wird.
Das dekrepitierte Salz wird Ursache für Haut-schäden,
Lepra, Skorbut, Elephantiasis, Ekzeme und dergleichen, was vom Balsam des
süßen Schwefels, aus Schlangengift bereitet, mit Öl und
Extrakt aus Guajacum und China geheilt wird.
Die für die Bereitung der Heilmittel ausgewählten
Rohstoffe aus dem Mineral-, Vegetal- und Animalreich haben ebenso, wie
der Mensch, einen wahrnehmbaren Körper und einen nicht wahrnehmbaren,
das Astral, und dies ist besonders bei den tierischen und pflanzlichen
Stoffen zu beachten. Der stoffliche Teil enthält allerlei, was im
Medikament überflüssig ist, was sogar eine wesentlich schädliche
Wirkung auf den Menschen haben kann. Diese überflüssigen Teile
müssen als Phlegma und Caput mortuum durch die Bereitung abgeschieden
werden, und wenn dies sorgfältig auf alchimistische Weise geschieht,
erhält man die Quintessenz.
In der Quintessenz, dem fünften Wesen der vier Elemente,
aus den Stoffen des lebendigen Pflanzen-und Tierreiches bereitet, vereinen
sich dann alle feinstofflichen, heilwirksamen Teile. Durch die Putrefaktion
wurden diese Stoffe auf naturgemäße Weise in ihre feinsten Bestandteile
zerlegt, sie vermochte es, den Körper völlig aufzuschließen,
löste die Zellen aus ihren Verbänden, befreite das Astral, das
wirksame Prinzip jedes Wesens, und wurde Ursache für das Entstehen
neuer Verbindungen, die jene Quintessenz bilden, das an die kleinste Menge
des Feinstoffuchen gebundene Astral. Diese Quintessenz ist eine stark dynamisierte
Lösung und als solche fähig, tief auf das Astral des Menschen
als den Träger seiner Lebenskraft einzuwirken. Sie bewirkt in kleiner
Dosis eine wahre alchimistische Transmutation, indem sie das Kranke, Unreine,
Vergiftete in den reinen, gesunden Zustand verwandelt. Und diese Wirkung
erzielt sie durch das Lebendige, das in ihr ist, nicht durch ihre chemischen
oder physischen Eigenschaften.
Den von allem Verweslichen befreiten und daher unbegrenzt
haltbaren Quintessenzen wurde nicht nur eine weitgehende Heilwirkung zugeschrieben,
sondern sie sollten den Organismus auch erhalten, vor Verfall bewahren
und den alternden wieder verjüngen. Keine Quintessenz kann aber auch
nur annähernd die heilende und erneuernde Wirkung des großen
Universalelixiers erreichen, des "Aurum potabile". Viele Alchimisten, die
nicht Adepten waren, haben geglaubt, ein solches Universalmittel aus dem
Golde bereiten zu können, getäuscht durch den Ausdruck Aurum
potabile. Die aus dem Golde bereitete Tinktur sollte besonders das Herz
günstig beeinflussen, denn das Herz ist ebenso der Mittelpunkt für
das Leben im Menschen, wie die Sonne, der Planet des Goldes, Mittelpunkt
für das Leben in unserem Planetensystem ist. "Das Gold kräftigt
das Herz durch seinen Magnetismus", sagt Kircher im "Mundum Subterraneum",
"aber es nährt nicht, denn das ist die Eigenschaft der vegetabilen
Drogen. Kein Mixtum kann uns nähren, wenn es nicht selbst vorher ein
animales oder vegetabiles Leben in sich gehabt hat. Das Gold wirkt nur
ebenso, wie die Edelsteine durch radioaktive Strahlung (radioso quodam
effluvio)."
Darum müssen der Tinktur des Goldes solche Elemente
zugefügt werden, die lebendig sind und durch sich selbst wirken, Malven-,
Melissen- oder Saffranwein wie Crollius lehrt. Auch den Weingeist wollte
man durch eine lange, gelinde Putrefaktion zu einer Alkohol-Quintessenz
erhöhen, die viele für ein Universalelixier hielten. Dieses "Lebenswasser,
Aqua vitae" ist unzersetzlich, und hat keine Elementareigenschaften mehr.
Es ist warm und trocken, wie das Feuer, und wärmt deshalb die Körper;
es ist aber auch kalt und feucht, wie das Wasser, und kühlt die hitzigen
Krankheiten. Es vermag vor Verwesung zu bewahren, und wenn es tote Körper
erhalten kann, sagt Rupescissa, sollte es dieses nicht um vieles mehr bei
lebendigen können? Er nennt dieses Lebenswasser einen Himmel, dem
man Planeten zufügen solle, nämlich Tinkturen aus den sieben
Planeten, den Metallen, oder aus den irdischen Sternen, den Pflanzen.
Auf vereinfachte Weise bereitete man Metalltinkturen,
indem man das betreffende Metall glühte oder schmolz, und es in Alkohol
ablöschte, fünfzig und mehrmal hintereinander. Die aus dem Golde
auf diese Weise bereitete Tinktur ist blut-reinigend und allgemein erneuernd,
diejenige des Silbers heilt Auswurf, Schweiße, Gehirn- und Magenleiden,
die des Zinns ist wirksam bei den Krankheiten der Leber, der Lungen, der
Arterien, bei Gelbsucht, Gicht und Nervenstörungen. Die Tinktur aus
dem Kupfer heilt Leiden der Geschlechtsorgane, der Eingeweide und Nasenlöcher,
diejenige des Bleis Knochen-, Magen-, Nerven-, Blasen-, Augen- und Ohrenerkrankungen
usw.
Gegeben wurden diese Tinkturen in kleinster Dosis und in einem nach
Art der Krankheit ausgewählten Pflanzenvehikel.
Von den vielerlei Heilmitteln, die von Paracelsus und
seinen Nachfolgern in der von ihm zu neuem Leben erweckten und erweiterten
Alchimie bereitet und verwendet wurden, sind außer den bereits von
Planis Campy genannten noch erwähnenswert die verschiedenen Cathartica,
Diuretica, Diaphoretica und Emetica, die Unreinigkeiten in den Körperflüssigkeiten,
in den Humores beseitigen sollten-Krankhafte Störungen in den Temperamenten
wurden durch die vier Arcana und die vier Temperantia beseitigt.
Für das ,,Diaphoreticum Paracelsi" digerierte man
Gold in einer Lösung von Antimonchlorid und Königswasser. Nach
der Destillation wurde der Rückstand sorgfältig ausgewaschen
und getrocknet, um bei Wassersuchten, Gicht und ähnlichen Leiden Verwendung
zu finden. Ein weiteres Diaphoreticum war der Spiritus aus dem Weinstein,
gebraucht gegen Syphilis, Paralysen und Leberleiden.
Aus Kupiervitriol und Weinstein bereitete man das "Specificum
purgativum Paracelsi", das bei den meisten Krankheiten wirksam war, um
eine Entleerung und Reinigung zu erzielen.
Das Perlsalz gebrauchte man gegen Kontrak-turen, Lähmungen, Schlaganfall,
Nieren- und Blasenstein, das Korallensalz als blutbildend und blutverbessernd
gegen Bleichsucht, Verstopfung, und bei venösen Blutstauungen mit
den damit in Zusammenhang stehenden Spasmen und Geschwüren.
Das "Elixier proprietatis Paracelsi" galt als ein Mittel,
alle Arten von Alterserscheinungen zu beseitigen, Migräne, Wechselfieber,
Nierenleiden zu heilen, vor Lähmungen zu bewahren und das Leben zu
verlängern.
Andere Mittel sind das Turbith minerale, das Electuarium
Antimonii, das Spanchymagogum, Spermatietim, Bezoarticum, Laudanum, Manna,
Gillae Theophrasti, Asa und Phalcüda Basilii usw.
Von den Metallen wurde das Salz Saturni in äußerlicher
Anwendung bei Wunden und Augenkrankheiten gebraucht, die Quintessentia
Antimonii gegen verschiedene schwere Leiden, bei denen auch der Mercurius
vitae und das Vitriolum Solis, beides Präparationen aus dem Antimon,
Verwendung fanden.
Der Spiritus Jovis diente gegen Leberleiden, und vorn
Oleum Jovis wurde gesagt, daß es "in suffocatione matricis remedium
mirabile et efficatissimum" sei.
Die Essentia Martis brauchte man gegen Ruhr, Nieren- und
Blasenleiden, das Oleum Martis gegen Bruchleiden äußerlich.
Weitere Medikamente waren das Hermaphroditicum Martis
et Veneris, das Oleum Veneris, Aqua und Oleum Mercurii, die aus dem Golde
bereitete Essentia Aun und der Liquor solis rubeus, sowie ein "Confortativum
ac preaservativum sanitatis maximum". Aus dem Silber bereitet ist zu erwähnen
der Liquor Lunae und die Essentia oder Anima Lunae, "gut den Maniacis und
Phreneticis, so in dem Haubte verwirret seyn; die auch ein blöd und
schwach Gedächtnis haben", und anderes.
Bei ihren Bereitungen unterschieden die Alchimisten in
Ermangelung eines Thermometers hauptsächlich sieben verschiedene Wärmegrade
als Bäder. Der erste Grad ist das Wasserbad, Balneum Maris oder Mariae,
B. M., das Verwendung findet für Putrefaktion, Zirkulation, Digestion
und Dissolution. Der zweite Grad ist das Dampfbad, Wasserdampf, oder eine
Grube mit fermentierenden Stoffen, Roßmist und dergleichen, für
Digestion oder Zirkulation. Der dritte Grad ist das Aschebad, B.C., leicht
trocken-warm, gemäßigt, gebraucht für Digestionen und langsame
Destillationen. Als viertes folgt das Sandbad, B.R., für Destillation
und Gerinnung, und das fünfte Bad ist das Eisenfeilbad, ebenso, doch
in stärkerem Maße heiß-trocken, wie das Sandbad, für
schwerere Destillationen und Sublimationen. Das sechste Bad ist das Kohlenfeuer,
für Reverberationen und Sublimationen, und das siebente ist das Holzflammenfeuer
für Schmelzen und Zementieren. Wasser-, Dampf-, Asche-und Sandbad
hatten drei, Eisenfeilbad, Kohlen- und Holzfeuer vier verschiedene Grade.
Von besonderen Geräten für alchimistische Bereitungen
sind zu nennen Cucurbita mit Helm und Vorlage, Pelikan, Phiala, Diota für
Zirkulationen, Aludel für Sublimationen und andere mehr. Als etwas
Besonderes ist der Ofen für das große Werk zu erwähnen,
der "Ofen der Philosophen", genannt Athanor, da das Feuer in ihm nicht
ausgehen darf. Er wurde auch für Putrefaktionen benutzt und war bei
den einzelnen Adepten verschieden eingerichtet, um eine dauernde, mäßige
Wärme erzeugen zu können. Das eigentlich Wirksame im großen
Werk ist das innere Feuer der Materie, das Naturfeuer, deshalb konnte Philalethes
mit Recht sagen: "Wir haben nur ein Gefäß, einen Ofen, ein Feuer,
und das alles ist nur ein Ding, nämlich unser Wasser."
Die Verwendung tierischer Organe zu Heil-zwecken wurde
von der Medizin in neuerer Zeit auf-genommen und hat als Organ- oder Opotherapie
steigend Bedeutung erlangt. Man verwendet in erster Linie die endokrinen
Drüsen, weiter dann aber auch andere tierische Organe in der Voraussetzung,
daß auch sie bestimmte Agentien an die Blut- und Lymphbahnen abgeben,
die nicht unnütze Stoffwechselschlacken allein darstellen, sondern
die von anderen Organen aufgenommen und weiterverarbeitet werden, oder
die anderen Organe in ihrer Tätigkeit anreizen oder hemmen.
Nach ihrer hermetischen Lehre von den Entsprechungen gebrauchte die
Alchimie außer den Stoffen des Stein- und Pflanzenreiches stets auch
solche aus dem Tierreich für die Bereitung ihrer Heilmittel1).
Im Mittelalter blieben sie hauptsächlich auf tierische Auswurf- und
Abwurfstoffe beschränkt, wie Klauen, Gehörn, Haare, zu denen
dann noch Blut, Leber, Milz, Lungen gebraucht wurden.
Die Alchimie führt ihre Kenntnisse auf diejenigen
der ägyptischen Weisen zurück, und daß diesen Tierorgane
und unter anderem auch die Hormone mit ihren Eigenschaften und Funktionen
nicht unbekannt waren, geht aus einem ungefähr fünf-tausend Jahre
alten Papyrus hervor, dessen vordem völlig unverständlicher Text
erst neuerdings auf Grund der Forschungsergebnisse über die Hormonwirkung
verstanden werden konnte.
Die Bereitungsweise der Alchimie weicht von der gebräuchlichen
ab, sie suchte das allein Wirksame, das Astral zu erhalten, und bearbeitete
daher die organischen Substanzen entweder nach dem Quaternär: Putrefaktion,
Separation, Purifikation, Union, oder vereinfacht nach dem Ternär:
Putrefaktion, Zirkulation, Destillation
Das höchste Ziel wahren alchimistischen Strebens
ist das große Universalheilmittel, die "Tinctura Physica" nach paracelsischer
Benennung, der "Stein der Weisen".
_____________
1) Agrippa: Philosophia Occulta; Paracelsus: Archidoxa;
Crollius: Basilica Chymica; Kircher: Mundus Subterraneus.
_____________
Es gibt nur dieses eine Meisterwerk, alles, was von einem
besonderen vegetabilen oder animalen Stein berichtet wird, ist absichtliche
Irreführung oder freie Phantasie Unwissender. Falsch ist auch die
Ansicht, daß der "Merkur der Weisen" für etwas Gesondertes anzusehen
sei. Nur auf Grund umfassender Kenntnisse konnte dieses Universal aufgefunden
werden, und daß solche Kenntnisse in urfernen Zeiten vorhanden gewesen
sind, bezeugt der Papyrus. Allerdings blieben sie auf einige wenige beschränkt
und sind mit ihnen verschwunden, wie es aus den primitiven anatomischen
und biologischen Kenntnissen des Mittelalters hervorgeht. Das große
Werk selbst aber überdauerte die Jahrtausende.
Das
große Meisterwerk der Alchimie
das Universalelixir, der Stein der Weisen
Das Meisterwerk der Alchimie ist die Verwirklichung des hermetischen
Evolutionsgedankens, die Wandlung des Unreinen zum Reinen, des Niederen
zum Hohen, des Unvollkommenen zum Vollkommenen, des Relativen zum Absoluten.
Das große Werk ist universal, es umfaßt den materiellen,
den astralen und den geistigen Plan, auf der materiellen Ebene ist es in
allen drei Reichen wirksam, im Stein-, Pflanzen- und Tier-reich, und in
ganz besonderem Maße im Menschen. Es bildet den Kern der hermetischen
Philosophie und damit auch der Esoterik aller großen Religionen,
es ist das Geschenk des Höchsten für den Menschen.
Die Verwirklichung dieses Werkes im Stofflichen ist es,
um die sich dann die Alchimie auskristallisierte, es ist das älteste
und bestgehütete Geheimnis der Menschheit, "Das Geheimnis der goldenen
Blüte des Höchsten Einen", "T'ai-I Kinn - Hoa-Tscheu".
Viele sind der Meinung, daß die Angaben der Adepten
über die Bereitung des Meisterwerkes, über die Darstellung im
Stoff nur im übertragenen Sinne zu verstehen seien, daß sie
einen Reinigungsvorgang im inneren Menschen bedeuten, seine Befreiung von
allen ihn herabziehenden sinnlich-materiellen Trieben unter dem Bilde eines
chemischen Arbeitsvorganges.
Die ansteigende Ordnung der drei Prinzipien im Menschen
zeigt den Aufstieg vorn Leiblichen, triebhaft-Sinnlichen über eine
höhere Sinnlichkeit zum Geistigen, des sterblichen Menschen zum unsterblichen.
Aufgabe des großen Werkes sei es, das wahre Ich aufzuzeigen, und
dies durch Arbeit an sich zu vervollkommnen. Der Mensch lebt als eine Person,
das heißt nach dem lateinischen persona, die Maske, die Rolle des
Schauspielers, daß der Mensch während seines irdischen Lebens
nach seiner sozialen Stellung eine Rolle spielt in der dazugehörigen
Maske. Es ist dabei von geringer Bedeutung, ob dies die Rolle eines Königs
ist oder die eines Bettlers, jede Rolle bietet ihm die geeignete Gelegenheit
zu seiner weiteren Vervollkommnung. Ist das Leben beendet, so hat er die
gegenwärtige Rolle ausgespielt, er legt seine irdische Maske ab, und
übrig bleibt das eigentliche Ich, das wahre Selbst.
Wie die Schlange des Paradieses dem ersten Menschen, so
raunte bei den ägyptischen Mysterien eine verhüllte Gestalt aus
dem Dunkel dem Neophyten ins Ohr. "Du kannst Gott sein, wenn Du willst!"
Wenn Du willst -, die Mehrzal der Menschen will nicht, befangen in ihren
Leidenschaften, verblendet von der Illusion der Materialität, von
der Vortäuschung einer irdischen Wirklichkeit erkennen sie nicht den
Zweck ihres Lebens.
Doch das Geheimnis des Meisterwerkes liegt nicht in der
Erkenntnis und in der Verwirklichung des seelisch-geistigen Aufstieges,
sondern in seiner Ausarbeitung auf materiellem Plan. Wäre die Läuterung
des Menschen der alleinige Sinn, so könnte es nicht universal genannt
werden, auch wäre die Furcht der Adepten, in ihren Schriften von Unberufenen
verstanden zu werden, überflüssig, denn der Weg zur Erkenntnis,
zur inneren Vervollkommnung ist niemals verheimlicht worden.
Aus den Schriften aller Adepten geht unzweifelhaft hervor,
daß es sich bei dem großen Werk neben der geistigen Entwicklung
um einen physischen Arbeitsvorgang handelt, daß es diese Arbeit an
einer besonderen Materie ist, die mit einem dichten Schleier des Geheimnisses
bedeckt bleiben soll ,Die Weisen kennen genugsam das Übel, und Unfug,
das im menschlichen Leben und Gesellschaft daraus entstehen könnte,
wenn die Erkenntnis dieses großen Geheirnnisses denen Gottlosen eröffnet
würde: darum handeln sie nicht anders davon, als mit Furcht, und reden
und schreiben davon in Räthseln, damit es nur von denen erkannt werde,
deren Fleiß und Arbeit Gott segnen will" (Auslegung des Ritterkrieges).
So heißt es im Flos Florum des Arnald de Villanova:
,,Si ad perfecturn magistenum pervenire volumus, aportet primo ut lapidem
philosophorurn (materiam ejus note Libavius) purum et mundum habearnus
acceptum, sicut est in sua minera: sublimare ipsum, ut ex eo trahamus quod
purum est et darum. Postea oportet nos ipsum facere descendere, postea
destillare, calcinare, solvere, coagulare, fixare, incerare (hoc est tota
practica et reductio ad prirnam materiam note Libavius )." 2)
Aus einem anderen, von ihm als sehr alt bezeichneten Dokument führt
Libavius noch diese Stelle an: "Homo noster antiquus est draco noster.
hie comedit caput suum cum cauda sua. Et caput et cauda est anima et spiritus.
Et anima et spiritus sunt creati de luto. Et hoc ex oriente et occidente
per expellentem nocumenta."3). Bei Zosimos heißt
es in der Übersetzung: "Indem man Merkur nimrnt, macht man ihn fest
mit dem metallischen Körper der Magnesia." Merkur nennt er das göttliche
Wasser, worüber er sagt: "Dieses Wasser hat zweierlei Farben, weiß
und gelb. Man nennt göttlich das Wasser des Schwefels, man nennt göttlich
den aufschwebenden Dampf, der von unten nach oben steigt. Ohne das göttliche
Wasser kann nichts geschehen, mit diesem wird das Werk unternornmen, gewärmt,
gebrannt, figiert.'
Ein anderer alter Text sagt: "Um den wahren Sinn zu verbergen,
haben die Verfasser das Objekt der Wissenschäft durch die gebräuchlichen
Bezeichnungen zu erkennen gegeben, aber sie haben stets umschreibende Namen
gebraucht für die Substanzen, die zum Werke nötig sind."
Arnaldus de Villanova, Ros. I,6: "Denn es ist nur ein
einziger Stein, eine einzige Medizin, welchem nichts fremdes zugesetzt,
auch nichts daran vermindert wird ohne allein, daß man das Überflüssige
davon absondert."
Derselbe Ros. II,17: "So erscheint es ganz erklärlich,
daß demnach die Philosophen in dem die Wahrheit gesagt haben, ob
es schon den Toren und Narren unmöglich zu sein bedünket, daß
nämlich nur ein einiger Stein sei, eine einige Medizin, eine Anordnung,
ein Werk, ein Gefäß, beides den weißen und roten Schwefel
zugleich und auf einmal zu machen."
Nach hermetischer Überlieferung ist das älteste
Dokument über das große Werk die Tabula smaragdina. Dieses Dokument
wird von Albertus Magnus erwähnt, die Forschung führt es auf
die griechischen Hermetiker von Alexandria zurück, da es sich bei
diesen zuerst nachweisen läßt. Sicher ist diese Inschrift aber
auf ägyptische Eingebung zurückzuführen, auch wenn sie von
den Griechen zuerst aufgezeichnet wurde. Der Text der Smaragdtafel lautet
aus dem Lateinischen übersetzt.
"Wahrhaftig und ohne Unwahrheit, gewiß und auf das
Allerwahrhaftigste ist es, daß das, was unten, ist gleich dem Oberen,
und das, was oben, ist gleich dem Unteren, wodurch man Wunderzeichen eines
einzigen Dinges erlangen kann.
Und gleichwie alles von einem allein erschaffen wurde
durch den Willen eines Einzigen, der es zuvor bedachte, also entsprießen
und kommen alle Dinge von diesem Einen durch Anpassung. Die Sonne ist sein
Vater, der Mond seine Mutter, der Wind hat ihn in seinem Bauche getragen,
seine Ernährerin ist die Erde. Dieser ist der Vater aller Vollkommenheit
der ganzen Welt, seine Kraft ist ganz, wenn er in Erde verwandelt ist.
Du sollst das Erdreich vom Feuer scheiden, das Feine vom Groben, ganz lieblich
mit großem Verstand. Es steigt von der Erde zum Himmel und vorn Himmel
wieder auf die Erde, und empfängt die Kraft des Oberen und Unteren.
Wenn Du dieses vollbracht hast, wirst Du die Herrlichkeit der Welt besitzen,
und alle Finsternis wird von Dir weichen. Dieses ist von aller Stärke
die allerstärkste Stärke, denn es überwindet alle subtilen
und flüchtigen Dinge, und durchdringt alles, was fest ist. Also wurde
die Welt erschaffen, und durch den Gebrauch dieses einen Dinges werden
die wunderwürdigsten Sachen verrichtet. Deswegen werde ich genannt
Hermes, der Dreifachgroße 1), weil ich die drei Teile
der Weisheit besitze. Es ist alles erfüllt, was ich zu sagen habe
vom Werk der Sonne."
Eliphas Lévi (Abbé Constant), der große
französische Kenner hermetischer Wissenschaft, sagte von der Tabula
smaragdina: "Nichts übertrifft und nichts kommt als kurze Übersicht
über alle Doktrinen der alten Welt jenen. wenigen Sprüchen gleich,
die von Hermes auf einen Edelstein graviert wurden und unter dem Namen
Smaragdtafel bekannt sind."
Die Smaragdtafel ist nach der Überlieferung der Adepten
ein Ausdruck jener Kenntnisse, welche die Weisen eines in großen
Kataklysmen untergegangenen Erdteils besaßen. Sie wurde von einem
Überlebenden, genannt Hermes, einigen Auserwählten des nicht
betroffenen Erdteils übermittelt und kam auf die Ägypter. Ob
diese Tradition begründet ist, läßt sich mit Sicherheit
nicht mehr
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1) Merkur, der dreifach ist, da er Merkur,
Schwefel und Salz enthält.
____________
nachweisen, doch sprechen verschiedene Tatsachen für die Möglichkeit.
Danach erscheinen die auf der Tafel des Hermes niedergelegten
Gedanken ebenso, wie diejenigen, die der Sphinx mit ihrer tiefen Symbolik
und den Pyramiden zugrunde liegen, als übriggebliebene Zeugen für
die hohe geistige Entwicklung einer Menschheit, deren Existenz derjenigen
der bisher für die Ursprungszivilisationen gehaltenen weit voranging.
Diese alten Zivilisationen, die assyrische, ägyptische,
indische, diejenigen Perus, Mexikos waren keine vollständigen, schlossen
nicht alle Zweige des Wissens gleichwertig in sich ein. Sie zeigen sich
auf einigen Gebieten vorgeschritten, auf anderen dagegen auffallend primitiv.
Ihre Philosophie, Mathematik, Astronomie, oder ihre Bau- und Bildhauerkunst
nötigen uns noch heute Bewunderung ab, andere Gebiete des Wissens
und seiner Anwendung in der Technik standen aber dazu in keinem Verhältnis
durch ihre Rückständigkeit, oder sie fehlten auch völlig.
Daber können diese Zivilisationen nicht als Errungenschaft einer sich
fort-schreitend entwickelnden Kultur angesehen werden, sondern sie erscheinen
als wenig zusammenhängende Überreste einer hohen, umfassenden
Kultur, die vor ihrer Zeit vorhanden gewesen sein muß, und die plötzlich
und so gut wie vollständig vernichtet wurde.
Jener Teil, der durch den sagenhaften Thot oder Hermes
auf die koptischen Priester-Weisen Ägyptens gekommen war, fand bei
diesen verständnisvolle Pflege und Ergänzung, er befähigte
sie, Lehrer aller der noch heute berühmten Gelehrten des Altertums
zu sein, die ihnen das Wissen verdankten, das ihre Namen für alle
Zeiten unsterblich gemacht hat
Alle Adepten der verschiedenen Zeiten stimmen in ihren
Angaben darin überein, daß das Geheimnis des großen Werkes
das Geheimnis Gottes sei, über das er eifrig wacht, daß der
Verrat an Unberufene seinen höchsten Zorn hervorrufen würde.
Es sei die Gabe Gottes, nicht die eines Menschen, niemand sei daher berechtigt,
die ihm gewährte Kenntnis weiterzugeben, Gott allein habe es sich
vorbehalten, sie dem zu verleihen, den er erwählte, der ihn darum
bittet Wer sich daher berufen fühle, dieses Mysterium zu erlangen,
der suche das Oratorium auf vor dem Laboratorium, das ist aller Adepten
aufrichtiger Rat: ORA-AUDI-LABORA-TORIUM.
Den Wert der Kenntnis des großen Meisterwerkes beschreibt
Morienus mit folgenden Worten: "Wer Gott und diesen Stein hat, der hat
alles, und bedarf keines anderen Hilfe: denn in ihm ist alle zeitliche
Glückseligkeit, Gesundheit und Wohlsein. Sein Geist und Kraft, so
in ihm verborgen, ist der Geist des fünften Wesens, der unter dem
Kreis des Mondes schwebt: er beschließt die ganze Welt in
sich, und überwindet die Elemente. Die höchste über
alle Arzneien, das rechte Aurum potabile. Wem Gott dazu geholfen, denn
ohne die eigene Schmelzung und neue Geburt geschieht es gewiß nicht,
der achtet äußere Ehren, Reichtum, Lust und Eitelkeit der Welt
wie Kot auf der Gasse, sein Sehnen ist allein nach Gott in Christo zum
ewigen Leben, alle Zeugnisse der echten Weisen, der hei-ligen Schrift und
der Erfahrung derer, die dazu gelangten aus besonderem Erbarmen stimmen
völlig überein."
Im "Traktat vom Philosophischen Salz" des Josaphat Friedrich
Hautnorton Sueci, Band 1:"Von der Wunderkraft unseres Salzwassersteins"
heißt es vom großen Werk und seiner Bereitung:
"Der Nutz ist erstens die Erkenntnis Gottes und seines
eigenen künftig herrlichen Zustandes, zweitens vertreibt er alle Krankheiten
bis zum Lebensziel, da der Mensch durch sanfte Auflösung hindurch
in die Hand Gottes geht, drittens die Veredelung der Metalle". Dann heißt
es weiter: "Die Weisen haben einstimmig einen Grund des Werkes gelegt,
welches nur ein einziges Ding, der Weisen Salz, Schwefel und Merkur ist,
oder ein Ding, das hat Leib, Seele und Geist, so sie Salz, Schwefel, Merkur
nennen, die alle drei in einem Subjekto sind, und dieses ist ihr Salz:
darin ist das Gold und Silber der Weisen, die lebendig, ja das Leben. selbst
sind, und umsonst zu bekommen; welche daraus durch die Solution zu erlangen
sind Die Solution geschieht in sich selbst, durch sich selbst ohne
alle fremde Dinge, denn die Auflösung des Körpers geschieht in
seinem eigenen Blut. Das vom Körper abgezogene Wasser ist kein Wolken-
oder Brunnenquellwasser, sondern ein salziges Wasser und weißes Gummi,
das bei seinem Körper bleibt und mit ihm sich vereinigt durch langsame,
linde Kochung; es ist die wesentliche Lebenskraft der Natur, welche unseres
Goldes Magnet an sich gezogen, und nun vom Künstler in ein lauter
Wasser wieder aufgelöst wird, welches kein ander Wasser tun kann
In der Vorarbeit mußt du Leib, Sed und Geist vonsammen
scheiden, reinigen und wieder vereinigen. Bekümmere dich nur um unser
Wasser und die geblätterte Erde, der Geist ist nieht zu sehen, er
schwebt allezeit auf dem Wasser. Die geblätterte Erde ist die kleine
Insel im philosophischen Meere; diese Erde mußt du zermalmen und
verschließen, so wird sie sich vor Durst im Gefängnis selbst
zerbrechen und werden wie ein dickes Wasser mit Öl vermengt, die mußt
du als die Terra foliata im rechten Gewicht wissen mit dem Wasser zu vereinigen.
Pondus aquae esto plurale, terrae vero singulare." 4)
Nach den Angaben der Adepten ist das große Meisterwerk
der Alchimie, trocken als Stein der Weisen, in Lösung als das Universalelixier,
das Heilmittel bei allen Krankheiten des Menschen, soweit sie überhaupt
heilbar sind, soweit nicht durch Zerstörung größerer Zeligruppen
und ganzer Organe eine Wiederherstellung unmöglich gemacht wurde,
So wachsen Glieder und Organe, die durch Verletzung oder operativ vom Körper
getrennt wurden, eingeschmolzene Lungenflügel und andere schwere Zerstörungen
durch Eiterprozesse auch durch den Gebrauch des großen Elixiers nicht
wieder, doch kommt auch hier der Krankheitsprozeß auf jeden Fall
zum Stillstand. In einem jeden Menschen entfaltet das Elixier eine den
ganzen Körper und seine Säfte erneuernde und damit eine allgemein
verjüngende Wirkung.
Die Universalpanazee ist eine in die kleinste Menge des
Stofflichen konzentrierte Kraft, die in geringer, je nach der Schwere der
Erkrankung mehr oder weniger oft wiederholter Dosis eine ideal ausgleichende"
und fördernde Einwirkung auf die Lebensvorgänge im menschlichen
Organismus zu entfalten vermag. Als universale erstreckt sich ihre Wirkung
ebenso auch auf das Tier- und Pflanzenreich, und reicht bis in das Mineralreich.
In diesem bewirkt sie unter anderen in den Metallen starke, einem Katalysator
zu vergleichende Energieumsetzungen.
In "Aurelia Occulta" aber heißt es von dieser Universalpanazee:
"Nec enim hic thesaurus in scholis medicornm traditur, sed absconditus
prae oculis illorum remanet." 5)
Eine Rosenkreuzer-Abhandlung des großen Werkes schließt
mit diesen Worten
"Dem Allerhöchsten, Allmächtigsten Gott, der
diese Kunst erschaffen, vnd deme es auch gefallen hat, mir Elenden, sündigen
Menschen durch ein versprochenes vnd tewres Gelübde, diese Erkenntnis
zu offenbahren, dem sey ewig Lob, Preiß, Ehre vnd Danck gesagt, mit
gantz demütiger vnd inbrünstiger Bitte, er wolle mein Hertz,
Sinn vnd Gemühte durch seinen heiligen Geist also regieren, daß
ich von diesem Geheimnüß vor niemandem rede, viel weniger vngottesfürchtigen
mittheile, noch einer einigen Creatur offenbahre, damit ich nicht an meinem
Gelübdeynd Eyde brüchig, ein zerreißer des himlischen Siegels,
vnd ein meinäidiger Bruder Aureae Crucis werde, die Göttliche
Majestät auff das allerhöchste beleidige, vnd dardurch eine rnächtige
unfehlbare Sünde committire vnd begehe, darfür wolle mich Gott
Vater, Sohn vnd Heiliger Geist, die hochgelobte Dreyeinigkeit, gnädiglich
behüten, vnd beständiglich bewahren. Amen."
Die
Materie zum großen Werk und ihre Bereitung nach den Angaben der Adepten
Die Materie zum großen Meisterwerk der Alchimie wurde stets auf
das sorgfältigste geheim gehalten, doch ist sie trotzdem von verschiedenen
Adepten in ihren Werken genannt worden, allerdings an Stellen, wo dies
unbeachtet blieb und nicht vermutet wurde. Sie wurde allgemein sonst nur
nach ihrem Aussehen, ihren Eigenschaften genannt und gleichnisweise umschrieben.
Man nannte sie Merkur der Weisen, ihr Quecksilber, ihren Schwefel, ihr
Salz, das Blei der Philosophen, Antimon, Magnesia, Zinnober, einen Stein,
den Eckstein, der von den Bauleuten Babels verworfen wurde. Paracelsus
nannte sie den Stein nach der Kuhe geworfen, auch heißt sie Vitriol
der Weisen oder Alaun.
Nach den verschiedenen Angaben sollte sie weich sein,
ein feuchtes Wesen, ein nasses Wasser, ein Wasser, das die Hände nicht
naß macht, oder sie sei ein einiges Wesen, sie bestehe aus zweien,
dreien, Vieren, sie sei sehr selten und kostbar, nur in den Ländern
des Morgenlandes zu finden, sie sei überall anzutreffen und umsonst
zu haben, und was dergleichen Widersprüche mehr sind. Diese Widersprüche
sind jedoch nur scheinbare, zu ihrer Erklärung muß man berücksichtigen,
daß die Adepten zwischen ihrer Rohmaterie, der Materia secunda, und
einer aus der Rohmaterie bereiteten Materia prima unterschieden, beide
aber in ihren Angaben gern untereinandermischten, um die Sache zu verdunkeln.
Auch wurde die Materie nach ihren verschiedenen Zustandsformen und ihren
Farbänderungen benannt, die während der Bereitung entstehen,
und bei diesen Angaben ließ ein jeder mit der Wiederholung anderer
seiner Phantasie freien Lauf.
Viele erwähnten eine Vorarbeit, Hauptarbeit und Nacharbeit,
wobei oft als Vorarbeit das Entstehen der Materie in der Natur bildhaft
beschrieben wurde, obwohl es ohne menschliches Zutun zustande kommt.
Die aus der Rohmaterie bereitete Materia prima, von manchen
auch mit Materia secunda aus der Materia prima bezeichnet, wurde Merkur
der Weisen genannt, der in sich den Schwefel enthält als zweifache
Sache, Rebis, das ist res bina.
"Genauer bezeichnet ist die in der Rohmaterie enthaltene
Erde der Schwefcl, Sulfur, und das Wasser ist das Quecksilber, Merkur.
Das eine ist warm-trocken, das andere kalt-feucht, Sonne-Mond, zwei Drachen,
der eine mit, der andere ohne Flügel. Es ist der Drachen, der die
goldenen Äpfel im Garten der hesperidischen Jungfrauen bewacht, es
sind beides die zwei Schlangen, die von Juno dem jungen Herkules in die
Wiege gelegt wurden Er erwürgte sie, wie sie der Adept im Anfang des
Werkes überwinden muß, das heißt, zerstören, damit
Rebis entstehen kann", wie es Flamel im dritten Kapitel der Auslegung der
hieroglyphischen Figuren erklärte.
Alle Adepten waren bemüht, die Materie deutlich zu
machen, soweit ihnen dies erlaubt und bei Wahrung des Geheimnisses vor
Unberufenen möglich war. Die größere Schwierigkeit besteht
für den angebenden Adepten daher weniger in der Auffindung der Materie,
als in der Bereitung, die von allen Adepten in einen undurchdringlichen
Schleier gehüllt wurde. Es hat manch einer die Materie gekannt, aber
da er in der Bereitung irrte, erreichte er nie das ersehnte Ziel, und mancher
Adept hat nach eigenem Geständnis an die zwanzig Jahre gebraucht,
bis ihm die Bereitung gelang.
Es ist eine Materie, die von der Natur bereitet wurde,
deren letzte Vollendung jedoch unterblieb und nun auf künstlichem
Wege erreicht werden soll. Dazu heißt es: "Nimm nichts davon, tue
nichts dazu, sondern wie es die Natur geschaffen, sollst du bleiben lassen!"
Die falschen Alchimisten haben die Materie zum großen
Werk vergebens in den allerverschiedensten Stoffen gesucht. Die Adepten
sagen nicht mit Unrecht, das Werk verlange zu seiner Bereitung einen gesunden
Menschen, jene unberufenen Sucher aber seien alle krank, sie hätten
die Gelbsucht, nämlich die Goldsucht, die ihnen die Augen derart verdunkele,
daß sie die Materie niemals erkennen könnten. Bei diesen Afteralchimisten
lassen sich nach den von ihnen für die Ausgangsmaterie zum großen
Werk gehaltenen Stoffen ganze Gruppen unterscheiden, Spezialisten, die
sämtlich überzeugt sind, daß ihre Meinung die richtige
ist, indem sie sich auf die betreffenden Stellen in den Schriften der Adepten
berufen. Die Aufzählung solcher Gruppen findet sich in einem alchimistischen
Werk, betitelt: "Aus dem rechten Wege zu der hermetischen Kunst nebst Anmerkungen
über die Irr-Wege. Von Anonymo. Frankfurt und Leipzig bey Joh. George
Fleischer 1773."
Von diesen Gruppen, die auch heute noch bestehen, ist
die größte diejenige der Metallisten und Mineralisten. Sie sind
überzeugt, daß die Materie zum Werk nur im Mineralreich zu finden
sei, in Gold, Silber, Blei, Antimon, Magnesium, Schwefel, Arsen, Quecksilber
oder in Kalium-, Ammonium-, Natriumsalzen, in Vitriolen, Alaunen, in Kaolin,
Lehm, Ton und dergleichen mineralischen Stoffen.
Eine Unterabteilung der Mineralisten sind die Schlüsselmacher,
die große, kleine und einen Hauptschlüssel haben je nach dem
Unterschied der Schlösser. Der Hauptschlüssel wurde von verschiedenen
Alkahest genannt, er sollte ein allgemeines Lösungsmittel sein, wie
es vom Merkur der Weisen behauptet wurde, in dem sich das Gold (der Weisen)
auflöse, wie Eis im warmen Wasser. Den seltsamen Namen Alkahest erklärt
Glauber entstanden aus den in flüchtiger Schreibweise zusammen-hängend
geschriebenen beiden Wörtern Alcali est. Alkahestspezialisten waren
unter anderen van Helmont, der die Zusammensetzung geheim hielt, dessen
Schüler Starkey und Glauber, der seinen Alkahest aus geschmolzenem
und mit Holzkohle verpufftem Kalisalpeter bereitete und zum Gebrauch bei
den Metallen an Stelle der Holzkohle Schwefelantimon verwendete. Auch aus
Quecksilberchloid und Schwefelantimon, mit oder ohne Essigsäure, Harn,
Alkohol und anderen Zusätzen suchte man ein solches Universallösungsmittel
zu erhalten. Der Name Alkahest wurde wohl zuerst von Paracelsus gebraucht,
der damit den Merkur der Weisen bezeichnete.
Auch die Gruppe der Gradirwasserköche gehört
zu den Mineralisten, die mit aus Säuren bereitetem "Gradirwasser"
das Silber in Gold erhöhen wollen Ihnen schließen sich die Zementstümper
an, die auf trockenem Wege durch das Zementieren von Silber oder Kupfer
mit Blutstein, Eisenoxyd, Vitriolen, Zinnober, Schwefel, Arsenik, Salmiak,
Salpeter und anderem eine Umwandlung der mißhandelten Metalle in
Gold erhoffen. Nun sind zu nennen die Gursucher, die auf und in den Bergen
herum-klettern und die verschiedenen Guren sammeln, in denen sie die Ausgangsmaterie
vermuten. Ihnen folgen die Luftfischer, die "Das Fischlein Echinaeis" oder
"des Hermes Vöglein", wie die Prima materia von manchen Adepten auch
genannt wu-de, in der Luft fangen wollen. Im Frühling, wenn die Luft
"voll Astralsalz" ist, gehen sie vor Sonnenaufgang hinaus, atmen die Luft
tief ein und hauchen sie in mitgenommene Flaschen. Das sich niederschlagende
Wasser wollen sie dann in gläserner Reibschale mit ebensolchem Pistill
in eine "Jungfernmilch" und weiter in eine "jungfräuliche Erde" verwandeln,
die "über dem Haupt schwebte und noch nie von eines Menschen Fuß
betreten wurde." Ähnlich den Luftfischern suchen die Speichelsammler
die Materie zu erlangen, indem sie Speichel durch Reiben in einer Reibschale
in Milch und dann in Erde verwandeln wollen.
Als weitere Gruppe folgen dann die Mistfreunde, Harnsieder
und Exkrementenforscher. Auch sie können sich auf die Worte der Adepten
berufen, und suchen in Misthaufen, alten und neuen Jauchegruben und an
dergleichen duftenden Orten die Materie, vermuten sie in menschlichen und
tierischen Exkrementen, Harn, Blut, Samenflüssig keit und dergleichen.
Diese Art der Sucher hießen nach dem lateinischen
semen, der Samen, die Seminalisten, und sie gaben den Anstoß zu den
Homunculus-Phantasien, die in den Köpfen vieler Alchimisten spukten.
Den Schluß des Reigens bilden die Kräuterphilosophen.
Sie sind überzeugt, daß die Materie nur in bestimmten Kräutern
zu suchen sei, in Melissen, Schöllkraut, Wasserlinsen oder im Nostok,
"dem vom Himmel gefallenen grünen Schleim", in dem sie den geheimen
Vitriol der Weisen vermuten. Auf Vitriol scheint der alte Rosenkreuzerspruch
hinzuweisen: Visitabis Interiora Terra Rectificando Invenies Occultum
Lapidem Veram Medicinam 6), dessen Anfangsbuchstaben
das Wort Vitriolum bilden.
Manche sind der Meinung, daß die Materie nur von
solchen gefunden und bereitet werden könnte, die mit einer besonderen
angeborenen oder erworbenen magnetischen oder ähnliche Kraft begabt
seien, oder daß längeres Fasten, besondere Atem-Übungen
oder dergleichen meist schädliche Praktiken dem Auffinden vorangehen
müßten. Diese Meinung ist irrig, doch ist nicht jede Materie
gleich gut geeignet, und auch nicht zu jeder Zeit. Es heißt richtig:
"Quo nobilior fuerit materia, eo nobilior erit forma. Item: Terram unam
altera esse meliorem, ergo eligibiliorem, quod notandum!" 7)
Nach den Angaben der Adepten scheint es sich bei der Bereitung des großen
Werkes um einen verwickelten chemischen Arbeitsvorgang zu handeln, doch
ist er weniger schwierig, wie langwierig. Kurz und treffend kennzeichnet
sie der alchimistische Spruch: "Fax fixurn volatile et volatile fixum!"
8) Nach einer Rosenkreuzerangabe erfordert
die Bereitung folgende Zeiten: Mortificatio und Putrefaktio erfordern vierzig,
die darauf einsetzende Solutio fünfunddreißig, die Animatio
dann dreißig, eine weitere Putrefactio zwanzig und die Combinatio
drei Tage und Nächte. Als Nacharbeit folgt dann eine dritte Putrefactio
mit einer Dauer von dreizehn, Solutio mit zehn, Animatio rnit acht, die
vierte Putrefactio mit vier Tagen und Nächten und die Perfectio seu
Fixatio mit einem Tag und einer Nacht, zusammen einhundertfünf-undsechzig
Tage, vorausgesetzt, daß nicht störende Ereignisse, wie zu schwaches,
ungleichmäßiges Erwärmen, die Vollendung mehr oder weniger
bedeutend verzögern.
Die Adepten erwähnen stets die Farben, die im Werk
während der Bereitung sichtbar werden. Drei Farben sind die hauptsächlichsten,
schwarz, weiß, rot. Die zuerst erscheinende Farbe ist die Schwärze,
es ist "der Rabe, der in der Nacht ohne Flügel fliegt". Die zweite
ist die weiße Farbe, in die allmählich die schwarze übergeht,
sie heißt der Schwan, die weiße Taube, das weiße kristallinische
Salz oder die weiße Rose, und die dritte Hauptfarbe ist dann die
rote, die aus der weißen entsteht, die rote Rose, der himmlische
Rubin. "Tödte den Raben, daß eine Taube gebohren werde, und
hernach ein Phoenix, mache aus dem Schwarzen das Weiße und das Rothe,
so wirst du glücklich seyn. (In diesen wenigen Worten ist das ganze
Magistenum enthalten.)"
Ein alter, im Volke erhaltener Alchimistenspruch sagt.
"Gott ging zu Acker, auf einem roten Acker tät er drei Furch und fand
drei Würm, einer war schwarz, der zweite weiß und der dritte
rot." Wenn die weiße Farbe sich durchgehends zeigt, ist die Materie
bereits Elixier, von Suchten nennt es Silber, und schreibt: "Der diß
Silber hat vnd kent, der hat daz, so von Anfang der Welt von aller Menschen
gesucht worden. Es ist eine Materi der Gesundheit vnd des Reichsthumbs:
dann beyde fließen auß einem Brunnen."
Folgende Schilderung der Materie und ihrer Bereitung mit
beliebten Umschreibungen gab Leade, genannt Leona Constantia in ,"Sonnenblume
der Weisen" "Die Materie, daraus unser Stein bereitet wird, ist ein schlichtes,
unansehnliches Wesen, verachtet, da bey ihr nicht die geringste Schönheit
an-zutreffen. Es ist eben die Materie, daraus Gott im Anfang Himmel und
Erde schuf, nämlich aus einem Chaos oder Klumpen. Nimm diesen Klumpen
und handle damit eben, wie Gott im Anfang bey der Schöpfung Himmels
und Erden.
Diese Erde war wüste und leer, es war finster auf
der Tiefe; derselbe Abgrund war voll dicker Finsternis, so wie ein schwarzer
Nebel, und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser, bewegte das neblige
Chaos, trieb es in die Enge zusammen, daß es sich in sich selbst
resolvieren und wasserdicklich werden mußte. Gehe mit den Weisen
nach Bethlehem, ja bis zur Wiege des neugeborenen Königs, so wirst
du in einem einzigen Subjecto den philosophischen Grund und Wurzel finden,
darin alle drey Anfänge, Geist, Seel und Leib verborgen liegen, des
Werkes Anfang, Mittel und Ende.
Dieses Subjectum muß zuerst aufs höchste gereinigt,
dann aufgeschlossen, zerbrochen, zu Asche
und Öl werden. Wer das Öl und seine Auflösung, auch
seine Coagulation und Destillation erkennet, der weiß des Tartari
der Weisen Heimlichkeit und Grund: doch muß das Innerste dieses Öls
herausgebracht und umgekehrt werden; denn der Geist allein macht lebendig,
der bloße Leib vermag nichts. Wer nun diesen Geist hat, der hat auch
das Öl. Ich warne vor allen Metallen und Mineralien, sie mögen
heißen wie sie wollen, Gold, Siber, Vitriolum, Antimonium etc. Sumina
alle Metalla und Mineralia sind zu unserm Werk garnichts nütz; keines
ausgenommen, welches ich heilig bezeuge.
Auch sind alle Vegetabilia und Animalia und was von ihnen
kommt hierzu ganz untüchtig. Zwar aus einem metallischen Samen, nach
solcher Grundfeuchtigkeit hat man sich umzusehen, und seine Erkenntnis
von Gott zu erbitten. Zwar sagt Salomo, Buch der Weisheit 12: Dein unvergänglicher
Geist ist in allen (verstehe Metallen, Minern, Vegetabilien und Animalien):
wir aber haben nicht nötig, diesen Geist und Anfang aller Dinge in
allen diesen Körpern zu suchen, die Natur hat uns etwas näheres
dargestellt, darin wir diesen Samen suchen und finden können. So ist
unsere Materie ein einiges Wesen, von Ansehen geringe: aber ihre verborgene
Natur, die alles wirket, was in ihr ist, wachset auf, wie ein Berg, und
grünen aus ihr allerley Farben, von allerley Geschlecht Sie
ist an allen Orten zu finden, sie ist der rechte Auf- und Zuschließer
und Durchdringer aller Dinge, der rechte Signatstern, der Weisen wahre
Artzney; sie ist eben das, worauf zu Anfang der Geist Gottes schwebte.
"Die Auflösung des Körpers in seinem Wasser
ist zugleich eine Todt- und Lebendigmachung des Körpers und Geistes,
in ganz gelinder Wärme. Das ganze Werk bekommt seine Reinigung durch
unser feuchtes Wasser. In solcher natürlichen solvir- und sublimirung
geschieht eine Verbindung der Elemente, eine Scheidung des Reinen vom Unreinen,
das reine Weiße steigt auf in die Höhe, das unrein Irdische
aber bleibt im Grunde des Gefäßes. Solches ist des gantzen Werkes
Schlüssel in der Vor- als Nacharbeit, daran genug zu lernen.
Vor der Solution und Sublimation geht unsere Kalzination
vorher; alles dieses geschieht nicht in geringer Zeit. Philaletha redt
in der Handleitung zum himmlischen Rubin darvon ausführlich. Es ist
Herkulesarbeit: denn was hat man nicht vor Mühe, erst im Suchen der
wahren, ersten Materie, demnach in rechter Zusammensetzung, sowohl innerer
als äußerer Proportion? was Mühe, Arbeit und Zeit, bis
die Adler tüchtig zum Fliegen bereitet? was ferner vor Zeit, bis der
Adler mit dem Drachen ausgefochten, bis aus unserer Kröte, die im
Schlamm sich nähret, der Rabe geboren? endlich was vor Zeit in Gebährung
des im Feuer lebenden Salamanders?
Dieses ist der Baum des Lebens, zur Gesundheit unseres
Leibes, und die Quelle zeitiger Wohlfahrt. Wer sie erlangen will, der gebe
Gott die Ehre, sey auch bereitwillig, wenn es der Höchste haben will,
alles wieder zu seinen Füßen zu legen; denn diese Herrlichkeiten
sind nur verschwindende Zeitlichkeiten, und der ewigen Herrlichkeit in
nichts zu vergleichen; zumal das gantze irdische Leben nur ein Elend und
Jammer ist bis in den Tod."
In seiner Schrift: "Coelum Philosophorum sive Liber Vexationum",
die von Glauber im zweiten Teil seines Operis Mineralis erklärt wurde,
führt Paracelsus die Afteralchimisten irre, in einer anderen Schrift:
"De Tinctura Physicorurn" gab er ein von ihm erfundenes abgekürztes
Verfahren für die Bereitung des großen Werkes an, das von Alexander
von Suchten folgendermaßen erläutert wurde:
In seiner Arbeit sei Paracelsus der von Moses in der Genesis
beschriebenen Erschaffung der großen Welt gefolgt, wobei diese Arbeit
gewissermaßen die Schöpfung einer kleinen Welt bedeute. Wie
Moses die Materie für die Erschaffung der großen Welt in ihren
drei Hauptprinzipien anführt, so sage auch Paracelsus, daß die
Materie zum Stein der Weisen nur ein einziges Ding zu sein scheine, daß
sie aber drei andere in sich enthalte, die einzeln durch die Feuer-Wasserkunst
herausgezogen und wieder zu einer Substanz vereinigt werden müßten.
Alle Weisen stimmen darin überein, daß die
Materie für die große Universalarznei nur ein Ding sei, Bernhards
einige Wurzel, daraus die zwei merkurialischen Substanzen genommen werden
rnüßten, mit denen dann das Werk bereitet wird.
Moses sagt, daß die erste Materie ein Wasser gewesen
sei, feuchter Natur. Er erwähnt zuerst die drei Hauptprinzipien Hirnmel,
Erde und den Geit Gottes, dann die Materie, aus der Gott Himmel und Erde
schuf, nämlich ein Wasser, das er in zwei Teile teilte, in einen oberen
Teil, den Himmel, und einen unteren, die Erde.
Die drei in der Materie enthaltenen Prinzipien nennt Paracelsus
einen Adler, Löwen und Goldglanz, im Libro Metamorphoseos heißt
er sie Sal, Sulphur und Mercurius, andere nennen sie Geist, Seele und Leib.
Die Materie wird von Paracelsus auch noch roter Löwe genannt, um sie
vor den Unberufenen zu verbergen, eine feuchte Natur, ein Wasser.
Wegen ihrer starken durchdringenden Eigenschaften kann
man sie wohl einen Löwen nennen, denn sie bezwingt die Menschen und
alle Geschöpfe, und heißt deshalb in der Smaragdtafel die allerstärkste
Stärke "cum enim elementa illa separantur, purificantur, et alternatim
modo congruo deponantur, generatur ab us substantia temperata, quae non
potest ignis violentia separare, nec terrae foeculentia vitiare, nec aquae
limositas contaminare, nec aeris contactus obumbrare." 9)
Dieser Löwe muß sich nach des Paracelsus Worten
zu einem Teil in einen weißlichen Adler verwandeln, so daß
aus einem zweie werden. Wie in der Schöpfungsgeschichte aus der Urmaterie,
aus einem Wasser alle Dinge und Geschöpfe hervorgebracht wurden, indem
daraus zwei weitere Stoffe entstanden, so geschieht dies auch hier. Ein
Teil wurde dazu in die Höhe geführt, zu einem Himmel gemacht,
der andere Teil sammelte sich in der Tiefe und wurde durch Koagulation
zu einer trockenen Erde. So wird auch die Materie des großen Werkes
in zwei Teile geteilt, deren einer Teil als klare Flüssigkeit oder
weißer Adler durch Destillation in die Vorlage übergeht. Dieser
flüchtige Adler ist sehr scharf, er durchdringt dem Löwen, der
rückständigen Erde, seinem Vater und zugleich Sohne Mark und
Bein. Er ist auch das alleinige Mittel für die Erneuerung des menschlichen
Körpers, das wahre Bad der Wiedergeburt, durch dessen innerlichen
Gebrauch in kleiner Dosis der Mensch verjüngt wird, wie ein Adler
nach den Worten des Psalm. Er ist das Subtile der Tabula, Himmel genannt
wegen seiner wunderbaren Eigenschaften, auch Geist oder Seele der Welt
als einer Mittelnatur zwischen Geistigem und Körperlichem, "quae
sit quasi corpus et quasi non anima, et jam quasi anirna et quasi non corpus
ligamentum et vinculum cmnium elementorurn." 10)
Der andere Teil, der Rückstand, trocknete zu einer
Erde ein, die ihrer Schärfe und Stärke wegen den Namen des Löwen
behielt. Diese Erde ist jetzt keine Jungfrau mehr, denn der Geist, der
über ihr als über der ersten Substanz geschwebt hatte, befruchtete
sie, und hatte sie befähigt, einen Sohn zu gebären, den Adler.
Das dritte Prinzip, der unsichtbare Geist, wird von Paracelsus
Glanz der Sonnen oder Goldglanz genannt. Wie dieses dritte Prinzip bei
der großen Schöpfung als Geist Gottes über den Wassern
schwebte, und von den beiden anderen Prinzipien nicht geschieden wurde,
sondern stets zwei in einem blieb, nämlich der Geist auf und in dem
Wasser, so ist es auch beim großen Werk. Auch hier wird dieses dritte
Prinzip, der Glanz der Sonnen, die schöne Goldfarbe nicht gesehen,
sie leuchtet dem Spagyro nicht nach, sagt Paracelsus. Nach den Worten der
Schöpfungsgeschichte bleibt sie bei dem Wasser, Paracelsus vermutet
sie dagegen in der Erde. Sie ist nach seiner Meinung die Anima, die Seele,
die im Blute ihren Sitz hat, und da sich diese Goldfarbe während einer
Zeit der Bereitung wie ein eingedicktes Blut auf der Erde zeigt, so verrnutet
er darin die Seele. Wenn diese Goldfarbe aus der Erde ausgezogen wird,
bildet sie auf dem Wasser eine Schicht, wie Blut, bleibt auch stets mit
ihm vereint, denn sie kann für sich nicht bestehen.
Von den drei Prinzipien sagte Lulijus im Testamentum novissimum:
"Argentum vivum nostrum vel pars ipsius est aqua destillata a terra
sua, et terra sirniliter est argentum vivum animatum, et anima est calor
naturalis, qui stat colligatus in prima essentia elementorum mercurii vivi
nostri." 11)
Für die Art und Weise, wie die beiden in der Rohmaterie
befindlichen Prinzipien auszuziehen sind, der Adler, Merkur oder Seele,
und der Körper, das Salz, das in sich den Goldglanz oder den Schwefel
der Weisen hat, gibt nun Paracelsus das von ihm gefundene abgekürzte
Verfahren. Es ist dies dieselbe Weise, die Jason beim Ovid anwandte, als
er die Glieder des Alten voneinander zu trennen befahl, um sie dann wieder
in einem warmen Bade zu vereinen, wodurch der Alte wieder jung werden würde,
und neue Kräfte erhielte.
Paracelsus meinte, daß die alten Weisen in der Bereitung
und Scheidung einen weiten Umweg gemacht hätten. Sie hätten wohl
auch erst aus einer Substanz zwei gemacht, Wasser und Erde, dann aber stets
diese zwei gebraucht, und nicht eins. Es sei jedoch einerlei, ob man im
Anfang eine oder zwei Materien nehme, denn man finde sie in einem Stück,
wie auch in zweien, nämlich, daß die Natur aus einem schon zwei
gemacht habe. Nehme man eine Substanz, so müsse man erst zwei daraus
machen, nehme man aber zwei, wie sie die Watur aus einer reduzierte, so
sei man der Mühe überhoben, zwei daraus zu machen, man brauche
dann nur aus diesen zweien das Dritte hervorzubringen, das Blut des Löwen
oder den Goldglanz. Es muß aus der Erde, mit der es verbunden ist,
aus der Finsternis durch das Niederfahren des Adlers zur Hölle erlöst
werden.
Die alten haben beide Substanzen vereint, einen philosophischen
Monat putrifiziert, und dann das Wasser bei ganz gelinder Wärme abgezogen,
denn bei einer stärkeren Erhitzung würde das Wasser alles zerschlagen.
Darauf hätten sie den Rückstand stärker erhitzt und das
goldene Öl, den trocknen Spiritus übergetrieben. Damit nun nichts
zurück-bleibe, gossen sie einen Teil des überdestillierten Wassers
zurück, putrifizierten abermals einen philosophischen Monat, und zogen
es dann wieder ab. Dieses Eintränken, Putrifizieren, Abziehen hätten
sie so oft wiederholt, bis fast die ganze Erde aufgelöst sei und mit
dem Wasser überging. Dann hätten sie Wasser und aufgelöste
Erde, das Öl, jedes für sich gereinigt, doch alles dies in langer
Zeit mit viel Mühe und unter Verlust eines guten Teils des Wirksamen.
Dagegen empfiehlt nun Paracelsus, vom Löwen nur das rosenfarbene Blut
und vom Adler das Gluten zu nehmen, und beides zu vereinen.
Zwei Wege gibt es bei der Bereitung der Quintessenzen,
Destillation und Extraktion, die dasselbe ist, wie Auflösung, oder,
wie Bernhard sagt, der König gehe nimmermehr hervor, die Fontina ziehe
ihn denn zu sich. Die lange, mühsame Arbeit des Putrifizierens und
Destillierens verwirft Paracelsus, also muß er den anderen Weg eingeschlagen
haben, nämlich extractionem solutivam cum annexis laboribus rite praeparandis.
Er sagt, man solle dem Löwen sein rotes Blut nehmen, ihn mit seinem
eigenen giftigen Merkurialwasser töten, nämlich die Tinktur oder
das Arkanum aus der Erde ausziehen. Bei diesem Ausziehen müsse aber
folgende alchimistische Regel beobachtet werden: quod nulla solutio
fien debet nisi in sanguine proprio, et res philosophice calcinatae magis
esse solubiles, quam non tau modo calcinatae; quia per nostram calcinationem
rediguntur in naturam sahum et aluminium philosophorum, quae sola sunt
solubilia. 12)
Nun folgt die Vereinigung oder die Auferstehung, bei der
alle drei für sich gereinigte Teile, Leib, Seele und Geist, wieder
zu einem neuen, verklärten Leib vereinigt werden. Wenn das reine Blut,
die Essenz der Erde, eingetrocknet ist, wird es die Erde der Philosophen
genannt, mit der das Geistwasser durch oftmaliges Aufgießen und Eintrocknen
allmählich wieder vereinigt wird. Hermes sagt darüber in der
Smaragdtafel: ascendit a terrain coelum, iterumque descendit in terram,
et recipit vim superiorem et inferiorern. Conjugite solem rebeum et lunarn
albam una via et una dispositione. 13)
Bei Morienus heißt es:Fac, ut fumus rubeus capiat fumum album,
in vase forti, firma conjunctione sine spirituum exhalatione.
14). Es ist dies die Vereinigung des Himmels und
der Erde, des Königs und der Königin, Adams und Evas. Sie ist
so oft zu wiederhoten, bis die ganze Lili, wie Paracelsus die Erde auch
noch nennt, ein trockner Körper wurde, der alles abdestillierte Wasser
wiederempfing.
Bernhard sagte, je öfter unser König in solchem
salzhaften merkurialischen Wasser gebadet wird, um so schöner, reiner,
gesünder und stärker würde er. Tränkt man die Erde
oft, so hat man mehr Frucht zu erwarten, und wolle man es auf die höchste
Reinheit bringen, so wasche man es siebenmal im Jordan. Muttiplicatio
enim nostra, teste Raymundo Lullio, non est aliud, nisi operis nostri prirnordialis
composiei reiteratio. 15)
Alle Corruptiones und Regenerationes vollbringt die Natur
in steter, gelinder Wärme, und dies haben die Weisen auch in ihrem
Werk befolgt. Dadurch wird es zur Vollendung gebracht, wie es die Natur
beabsichtigte, doch nicht vollbringen konnte. "Ubi natura definit, ibi
ars incipit. Per Deum lapis noster a natura creatus invenitur, et nihil
deest ei nisi purificatio et perfectio. Mercurius philosophorum non est
aliud, quam corpus solutum in aquam, et aqua vitae est idem, quod aqua
permanens, est spiritus extractus a corpore, et dicitur aqua vitae et argentum
vivum nostrum, et ex ea omnia fiunt." 16)
Eine Beschreibung der Bereitung nach dem sogenannten Naturweg
findet sich in einem alten Manuskript eines unbekannten Adepten, sie ergänzt
das bereits Angeführte und läßt das Wesentliche dieses
eigentlichen Weges erkennen:
"Die wahrhaffte Practica Aber verstehe sie wohl, und nicht
Phantastisch nach einer eigenen eitlen, leeren Einbildung!
Wenn unser Stein in unser Gefäße geleget ist,
und empfindet die Wärme von unserem Feuer, wird er alsbald in Wasser
aufgelöset, und bisweilen steiget es in die Höhe des Gefässes,
nachgehends steiget es herab auf den Boden des Gefässes, und seiget
wieder auf durch den Wind; Welche dieses Aufsteigen gesehen haben, also
daß die Materia aufstieg, haben darvon geredet, und gerathschlaget,
wie sie doch solche Wirkung nennen möchten, und ihre Meynung und Schluß
ist gewesen, daß sie genennet würde Sublimatio. Hernach als
sie gesehen haben, daß die Materia hinab stiege zum Boden des Gefässes,
und sich in Wasser verwandele, haben sie für gut angesehen, solche
andere Weise zu nennen die Auflösung
Desgleichen als sie gesehen haben, daß dieses auf-und
niedersteigen in Wasser verwandelt worden, haben sie gesaget, dieses sey
die vollkommene Abtröpfelung, Destillatio, welches ist die dritte
Weise.
Und die Herabsteigung ist die vierte Weise.
Desgleichen als sie gesehen haben, daß die Materia
dick und zu Erden verwandelt würde, und daß dieselbe Verdickung
im Anfange über dem Wasser stunde, und als sie dieselbe allgemächlich
haben lassen dicke werden, haben sie gesehen, daß die Erde im Wasser
untersinke, und stehe auf dem Boden des Gefässes unter dem Wasser,
weIche Erde gelb, schwartz und hefucht war, haben sie diese fünfte
Weise genennet Corrupfion oder die Verwesung.
Ferner als sie gesehen haben, daß dieselbe hefuchte
Erde unter dem Wasser stehe, durch langes Kochen in unserem Feuer die Farbe
verändere, haben sie dieselbe Wirkung genennet eine, Abwaschung, Ablution.
Deswegen hat Morienus der Philosophus gesaget: Ihr sollt
wissen, daß das gantze Magisterium nichts anderes ist, als eine Extraction,
Auszug des Wassers aus der Erden, und eine Dimissio des Wassers über
die Erde, bis die Erde selbst verfaule, und diese Erde verfaulet mit dem
Wasser, und wird gereiniget; wenn sie nun gereiniget ist, so wird das gantze
Magistenum fertig seyn.
Darum spricht der Philosophus: Machet Latonem weiß, und leget
die Bücher hin, welches ist die sechste Weise.
Als sie noch mehr gesehen haben, daß die Erde unter
dem Wasser stehe, wachse, und das Wasser verringere, wegen der gemäßigten
Wärme, haben sie gesaget, dieses wäre der vollkommne Wachsthum.
Der Philosophus spricht ferner: Denn wie die Erde mit
dem Wasser getränket, befeuchtet und zum Wacbsthum gebracht wird,
und durch eine mäßige Kochung unseres Feuers getrocknet und
in Erde verwandelt wird, alse auch die gantze Materia, in unserer Operation,
wird nicht anders vollkommen gemacht.
Dahero spricht Hermes, der Vater aller Weisen, diese Kraft
ist gantz, wenn sie in Erde verwandelt ist, und dieses ist die siebente
Weise.
Ferner haben sie gesehen, daß die gantze Materia
zur Erden, und in ein festes, dickes Wesen verwandelt wurde, und daß
sie nicht mehr flüssig, noch aufsteigen wollte, sondern stund zusammengezogen,
und als sie dieses gantz sahen, sprachen sie, es wäre eine vollkommene
Gerinnung. Darum hat der weise Mann gesaget: Löset unsern Stein auf,
und hernach machet ihn wieder hart, das ist, verwandelt ihn in Erde, und
das mit großer Behutsamkeit, wie jetzo ist gezeiget worden, so werdet
ihr das gantze Geheimnüß haben. Und dieses ist die achte Weise.
Siehe! und höre, was der weise Mann fernersaget das
gantze Magistenum ist nichts anderes, als
eine rechte Auflösung machen, und eine vollkommene Gerinnung.
Dahero spricht Geber. Löset unsern Stein auf, und hernach lasset ihn
hart werden, ohne einige Verminderung, und suchet nichts mehr, denn ihr
werdet das gantze Magisterium haben. Ingleichen als sie sahen, daß
unsere Materia geronnen und verdicket worden, wegen der großen Kochung,
und daß die weiße Farbe war über alle weiße Farben,
haben sie dafür gehalten, unsere Materia wäre nuhnmehro calcinieret,
und dem Anfang des Rothen. Welches die neunte Weise ist.
Wer ist nun unter euch, die ihr in dieser Lehre unterrichtet
seyn wollet, der da Bäume pflantze, und ehe als zu rechter Zeit Früchte
hoffe, der da säe, und ehe als zu Ernte-Zeit ernten wolle? warum wollt
ihr doch diese Wissenschaft haben? warum suchet ihr sie so ängstlich
mit Verlust eures Vermögens? und meynet, wann ihr einmahl ein Buch
gelesen, und die erste Regierung erfahren habet, so sey es genug, zu dem
größten Geheimnüß zu gelangen. Allein, glaubets nicht;
die Weisen haben schon angezeiget und erfahren, daß das Rechte nicht
zu unterscheiden, als allein durch Irrthum, und daß nicht mehr Schmertz
den Hertzen bringet, als eben der Irrthum in dieser Kunst, denn wenn ihr
dencket, ihr habet fast die gantze Welt in Händen, so findet ihr nichts
als ein betrügliches Ende."
Der
Stein der Weisen und die Metalle
Nach den Angaben der Adepten hat das große Universalheilmittel
auch die Eigenschaft, umwandelnd auf die Metalle einzuwirken. Nach alchimistischer
Meinung sind die unedlen Metalle nicht ausgereift, sie sind unreif, unvollkommen
geblieben, während Gold und Silber, die in früheren Zeiten allein
bekannten Edelmetalle, ausgereift und vollkommen sind. Alle Metalle aber,
vollkommene und unvollkommene, entstehen aus demselben Samen, Azoth, der
von der Natur ,,in eine gleichmäßige elementische Temperatur
und Concordanz der sieben Planeten gebracht wurde."
Nach Kircher, "Mundus Subterraneus" bildet ein gewisses
Agens, das aus der Atmosphäre in die Erdrinde eindringt, den metallischen
Samen. Mit den von ihm befruchteten Elementen der Erde ist er dieentfernte
Materie, die Materia secunda, aus der dann weiter die nächste Materie,
die Materia prima, entsteht ala ein schweflich-salzig-merkurieller Brodem.
"Materiam proximam metallorum, non materiam primam Peripateticorum,
non stellarum influxum,. non elernenta, sed vaporem et exhalationem sulphureo-sale-mercurialem
dicimus, quo unice metallica corpora, tanquam ex semine chaoticae massae
concreato, originem suam nasciscuntur. Materiam vero remotam, hylem, elementanum
qual itatem concursum, influ xum stellarum dicimus; quae omnia quomodo
intelligenda sint, ex sequentibus patebit.
Notandum itaque, in chaotica massa latere suc cum quendam
piguem salinum elernentis con genitum, qui a subterranei ignis potestate
in vaporem actus, per universas Telluris fibras dispersus, ubi matricem
invenerit Proportionatam, ei adhaeret, idemque longo temporis tractu coctus
tandem in metallum glebae seu matrici terrae appropriatum degenerat."
17)
Die Vollkommenheit eines Metalles ist von der Art und
Beschaffenheit der als Matrix dienenden Erden abhängig, wodurch sich
enge Beziehungen zwischen dem Metall und dem Gestein, in dem es gefunden
wird, ergeben. Den alchimistischen Anschauungen über das Entstehen
der Metalle stehen diejenigen der Geologie gegenüber, worüber
Abel Haatan in seinem Bucbe "Contribution a L`Etude De L`Alchimie, Theorie
Et Pratique Du Grand Oeuvre", Paris, Chacornac, sich eingehender äußert.
Danach nimmt die Geologie im allgemeinen an, daß der Kern unserer
Erde zu einem nicht geringen Teil aus Metallen im flüssigen Zustand
gebildet wird, und daß einstmals die verschiedenen Metalle aus diesem
Kern in die noch glühende und weiche Erdrinde durch Eruptionen verteilt
wurden. Teilweise wurden diese Metalle später durch mineralische Wässer
gelöst, von ihnen mitgeführt, in Klüften und Spalten abgelagert,
und hier durch geeignete Reduktionsmittel wieder zu Metallen und metallischen
Verbindungen reduziert.
Durch die Tatsachen scheinen jedoch diese Anschauungen
wenig Bestätigung zu finden, den reichen und mächtigen Metallablagerungen,
wie auch den oft eigenartigen Metallvorkommen gegen-über bleiben sie
ungenügend. Die Erzgänge weisen in ihren Formationen keinerlei
Anzeichen dafür auf, daß sie einstmals als Fumarolen in geschmolzen-flüssigern
Zustand in das Gestein eingedrungen waren, und ebensowenig weist ihre Struktur
auf eine Bildung aus Salzen mineralischer Wässer, bei der die Wässer
allmählich verdampft waren, und die in ihnen enthaltenen Metallsalze
proportional zu ihrer Löslichkeit abgelagert hatten. Entstammen die
in der Erdrinde eingelagerten Metalle dem flüssigen Metallkern, so
müßte das Metalivorkommen um so reicher sein, je tiefer man
in die Erdrinde eindringt und sich damit dem Kern nähert. Das ist
nicht der Fall, in größeren Tiefen werden überhaupt keine
Metalle mehr gefunden.
Solche und noch andere geologische Tatsachen scheinen
die alchimistische Lehre eher zu bestätigen, nach der ein von außen,
aus der Atmosphäre kommender Stoff durch seine Einwirkung auf eine
aus dem inneren Kern aufsublimierende Substanz die Metalle entstehen läßt.
Diese derartig zustande-kommende Ursprungsmaterie entwickelt sich dann
je nach ihrer Umgebung und der Art des Gesteins, und gerinnt unter der
Einwirkung des Mineralisators zu einer ihrer Entwicklung entsprechenden
metallischen oder mineralischen Form.
Kein Adept aber war so vermessen, wie die Afteralchimisten,
die Metalle auf dieselbe Weise erzeugen zu wollen, wie die Natur. Der wahre
Alchimist suchte durch einen Stoff, der desselben Ursprungs, aber anders
geartet war, wie jener, mit dem die Natur Metalle erzeugt, die in der Natur
"unreif" gebliebenen Metalle zur Reife zu bringen.
"Gott hat uns dafür eine nähere Materie gegeben",
wie Leona Constantia sagte, und mit dieser Materie wird dann dasjenige
Metall zur Vollkommenheit gebracht, das die Natur unvollkommen lassen mußte.
Die alchirnistische Umwandlung unedler Metalle in edle ist derjenigen vergleichbar,
die der Mensch im Pflanzenreich erzielen konnte, als er durch Bodenpflege,
Auswahl, Kreuzunng, Pfropfen und dergleichen die wilden Gramineen in Getreide
verwandelte, Wildbäume zu reichtragenden Obstbäumen machte, aus
einfachen Blumen in Wald und Feld die farbenprächtigen, duftenden
Gartenblumen hervorbrachte.
In "Astronomia Inferior, Erzehlung und Erwehlung der sieben irdischen
Planeten", Nürnberg 1648, sagt der Verfasser, der sich Marcus Friedrich
Rosencreutzer nennt, über das Entstehen der Metalle und von der "philosophischen
Arbeit" folgendes "Allhier tretten nun die Pbilosophi zusammen, erforschen
im Grunde weiter die vorsichtige waare Natur, folgen derselben in Geberung
und, Zeitigung der Mineralien und Metallen gantz fleissig nach, und machen
IHR Wasser auch zu einem Samen in Centro Terrae geboren, und durch den
Archaeum verschlossen, außgekochet und vermischet, bis dasselbe wohl
vereiniget, und zu einem dicken aqua viscosa seu unctuosa worden ist, weIches
dann den, so es anrühret, nit netzet, die Metallische Natur und die
natürliche Mutter aller Mineral und Metall nit unbillich genennet
wird: alsdann haben sie eine künstliche Arbeit verrichtet, und den
Anfang jhres Werckes weiteres fortzusetzen und zu vollziehen, formiret
und gemacht.
Dieser Universal und allgemeinen Wasserquelle weiß
sich zu rühmen, und geust da aus Bemhardus Trevisan seine Fonticam:
Raymundus sein Aqua Coelicam. Ripleus sein Benedictam Solis ac Lunae, das
in der Hölen der Erden stecket; Frater Basihus Val. seinen Mercurii
Spiritum: Sendivogius sein Aquam ponticam: Paracelsus sein Azoth, wie auch
grünen und roten Löwen; Nortonius Anglicus sein Miraculum miraculorum:
der kleine gelehrte Bauer seinen merkurialischen weißen Liliensaft;
Hermes sein superius ac inferius: die Turba oder Schaar der Weisen jhr
Lunae Wasser oder Argentum vivum. Dieser seinen acetum acerrimum oder Lac
virginis: Jener den wunderbarlichen Vogel, wie man nur wolle, derselbige
singen müsse, damit man Gold und Silber und alle Metall, alle weich
und harte, edel und unedel Gesteine radicaliter auflösen, zerlegen
und in primam materiam bringen könnte.
Herr Omnis Aleman einen Mercurialischen und Venerischen
Geist, aus deme alle Ding der Weisheit kommen, welcher auch unsichtbar
in der gantzen Welt herumb regieret, und die Geburt der Metallen und Mineralien
anhebet und vollbringet, auch allen Dingen, sie heißen, wie sie wollen,
das Leben gibt und mittheilet, ja wachsen, geboren und erhalten werden.
O Heimlichkeit über alle Heimlichkeiten, vor den Vnwürdigen den
Mund zu halten und zu verbergen.
Wie nun aber bey diesem edlen Brunnen die waaren Philosophi
sich allzeit wol befunden: also haben sie demselben nachzugehen und zu
erforschen, auch jhren Jüngern anbefohlen und zum höchsten recornmandiret,
als welcher große Wirkkung in deß menschlichen Leibe operiren
und verrichten thäte wie dann alle Metall auffschliessen, und hinwider
in Wasser bringen, er einig und allein vermag.
Vnd ob zwar bey diesem reinquellenden Erdsaft jederzeit
viel Vngeziefer, Schlangen, Ottern und Basilischken sich gefunden haben,
die mit jhrem Schreien und falschen Vorgeben denselben zu vergifften unterstanden,
Schaden und allerley Irrwege angeben, den richtigen Zugang dahin zu verhindern
und auffzuhalten: seynd sie doch endlich als betriegliche Leute, falsche
Laboranten, unerfahrene Landstreicher erfunden, bey denen weder Krafit
noch Safft, weder Nutz noch Frommen, endlich vermercket und verspüret
worden. Mit einem Worte werden sie verlogene Alchymisten genennet, welche
mit jhren falschen Prozessen hohes und nidriges Standes verführen
und beschwatzen, aufsetzen, und von unmüglichen Dingen daherreden,
darvon die Natur und der Bestand gantz nichts weiß: welche alle Bemhardus
der Philosophus in seiner Vorrede recht abmahlen und beschreiben thut,
welcher hiervon wol zu lesen und zu mercken ist."
"Frater Basilius sagt aus dem Grund, daß der erste
Anfang deß Samens der Metallen zu geberen in der Erden gewircket
wird, durch die Impression und Influenz Syderischer Eigenschaft, die gebet
von den oberen in das untere, als in den Bauch der Erden,und wircket für
und für Wärme darinnen, mit Hülff der Elementen, dann sie
müssen beide beysammen seyn: Das Syderische gibt die Einbildung, daß
die Erde zu der Empfängniß geschickt und schwanger wird: Die
Elementa mehren und speisen solche Frucht und bringen sie fort, durch stetige
warme Eigenschafft, bis zur Vollkommenheit, das irdische Wesen gibt darzu
die Form.
Also wird anfänglich der Metallische und. Mineralische
Samen gewircket, nemlich auß einer
Syderischen (himmlischen) Einbildung, Elementischer (geistlicher) Wurckung:
und jrdischer (leiblicher) Form. Die drey nun machen aus jhrem Centro das
erste Wesen deß Metallischen Samens, weIchen den noch die Philosophi
weiter ergründet haben, daß aus diesem Wesen eine Form der Metallischen
Materia worden, begreiffuch von dreyen zusammen gesetzet als Mercur, Suiphur
und Sal, einem Metallischen Mercurio geistlich, einem Metallischen Schwefel
himmlisch, und einem Metallischen Salz leiblich, welches durch die reduction
und Auffschließung der Metallen bewißllich gefunden wird.
Das ist dann der rechte, waare Sperma der Philosophen,
von jhnen lange gesucht und nicht erkant worden und das Liecht von vielen
zu sehen begehret. und eben die erste Materia, dasselbige einige Ding,
so aller Welt offenbar für Augen ligt, und doch von den wenigsten-erkant,
und darzu an allen Orten sichtbar gefunden wird, nämlich Mercurius,
Sulphur und Sal, und ein Mineralisch Wasser oder Metallischer Liquor, als
das Centrurn von seiner Form abgeschieden, und von diesen drey Anfahenden
gemacht worden: Auß welchem Mineralischen Wasser nun auch ferner
alle Metalle gewircket und gezeitiget werden zu jhrer Vollkommenlleit,
und wird solch Metall drauß, oder auch ein solch Mineral, darnach
das meiste unter den tribus principiis die Herrschung überkommen,
darnach hat es viel oder wenig Merc. Sulph. und Sal: oder seynd misciret
mit einer ungleichen Abtheilung des Gewichts, daß also etliche Metallen
dardurch fix werden, etliche aber unfix, das ist, etliche beständig,
etliche aber flüchtig.
Und auff diese Weise werden die Metalla in dem Bauche
der Erden unterschiedlich gewircket, gezeiget und geboren, die man dann
hernach durch die Bergkunstarbeit heraußgräbet und gewinnet,
schmeltzet und gutmachet, ein jedes nach seiner Art und Gewohnheit."
Es ist ein Stein, und doch kein Stein, in welchem liegt die Kunst allein:
Ihn hat so die Natur gemacht, doch zur Vollkommenheit nicht bracht,
Darinnen liegt die ganze Kunst. Wer hat desselben Dinges Dunst,
Des roten Löwen güldnen Schein, Mercurium ganz rein und fein,
Und drin den roten Sulphur kennt, der hat das ganze Fundament!
Das
große Meisterwerk der Alchimie in der Mythologie
Die Mythologie der Völker verhüllt unter der Form fesselnder
Erzählungen ein umfassendes Wissen, tiefe Wahrheiten. Die Weisen der
urfernen Vorzeit haben es verstanden, auf Grund des ersten
hermetischen Gesetzes von den Entsprechungen, von der Analogie, das
im gesamten Kosmos herrscht, in diese Göttergeschichten das wesentliche
ihrer fabelhaften Kenntnisse einzuschließen und der Nachwelt zu hinterlassen.
Wer den verborgenen Sinn erschließen kann, dem enthüllen diese
Mythen je nach dem Schlüssel, den er gebraucht, die Geschichte unserer
Erde von Anbeginn an, die Geschichte der ersten Menschheit mit ihrer hohen
Kultur, die in großen Erdumwälzungen unterging, er findet ebenso
auch die Geschichte der zweiten Menschenwelle, der wir angehören,
schwächliche und vergängliche Zwerge im Vergleich zu jenen ersten
Menschen, Riesen an Geist und Körper, die fast unsterblich waren.
Eine vollständige Biologie ist in den Göttergeschichten
enthalten, auch eine Anatomie des Menschen, die von höherer Warte
aus einen Überblick zu geben vermag, welches Kräftespiel diese
Agglomeration lebendiger Einheiten, unseren Körper, entstehen ließ,
welches Netz von unsichtbaren Fäden alle Organe verbindet, jedes kleinste
Teilchen von allen den anderen abhängig macht.
Die Grundgesetze der Physik findet man, diejenigen der
Chemie und die der Alchimie, der Wissenschaft aller Wissenschaften, die
allein es vermag, den Menschen auf den höchsten der erreichbaren Gipfel
der Erkenntnis zu führen, zum Verständnis des großen Lebensprinzips.
Alle die Mythen und ebenso die großen poetischen
Meisterwerke, Ilias, Odyssee, Apokalypse, die göttliche Komödie,
Shakespeares Dramen und andere mehr, auch die alten Sagen und Volksmärchen
lassen verschiedene Deutungen zu. ,"Wenn ich ein Wort ausspreche, so denke
ich an die siebenundsiebzig Bedeutungen, die es enthält", sagte Mohammed.
Siebenundsiebzig, das konnte wohl der große Prophet sagen, gewöhnliche
Sterbliche müssen sich damit begnügen, drei und wenn es hoch
kommt, wohl auch einmal vier und fünf Deutungen auffinden zu können.
Ein solcher Schlüssel, der den Sinn erschließen
kann, liegt in der Astronomie, ein anderer in der Astrologie, die weit
mehr ist, wie eine Wahrsagekunst, die sie in der heutigen Zeit allein zu
sein scheint.
Die Astrologie ist ein Schlüsse!, der das große
kosmische Kräftespiel erkennbar werden läßt, von dem die
Mythen berichten, Kräfte, die ebenso im Weltall herrschen, Wie im
Menschen und im Atom. Dem Adepten erschließt dieser Schlüssel
die Erkenntnis derjenigen Kräfte, die in ihm wirken, die er bewußt
leiten soll, um das große Werk auf geistiger Ebene zu vollbringen.
Sieben Planeten sind es nach der alten Astrologie, deren
ungehinderter Strahlungseinfluß auf den Menschen ein unheilvoller
ist, der seine Aufwärtsentwicklung hemmt, denn er weckt seine irdisch
sinnlichen Leidenschaften und Triebe. Alle Planeten senden nach Jakob
Böhme ihre unheilvollen Strahlen herab, von denen die besten für
den Menschen noch Gift und Mord sind im Hinblick auf seine Bestimmung.
Doch haben sie ihre besondere Aufgabe, denn sie führen den Menschen
durch die Leiden, die sie ihm bringen, auf den rechten Pfad, der ihn aufwärts
führen kann, den er dereinst verließ. Es sind jene Strahlen,
die in der Aura auftreten zur Zeit der Prüfung durch seelische und
körperliche Leiden.
Diese sieben planetaren Einflüsse werden die sieben
Hauptsünden genannt, sie erscheinen bei den Chaldäern als die
sieben Türme, es sind die sieben Stockwerke, die erstiegen werden
müssen, um zum wahren Ich zu gelangen. In der Kabbala sind es bei
den drei Müttern Aleph, Mem, Schin, bei den zwölf einfachen die
sieben doppelten Buchstaben des Alphabets, die den Planetenkräften
entsprechen, Beth, Ghimel, Daleth, Kaph, Phe, Resch und Tau. Es sind sieben
Buchstaben, sieben Kräfte der Wahrheit und des Segens, die sich aber
im materiellen Menschen als sieben Kräfte der Lüge und des Fluches
auswirken. Über diese Planetenkräfte soll der Mensch herrschen,
er soll nicht von ihnen beherrscht werden. Darum werden sie unter den Füßen
der göttlichen Jungfrau Maria liegend dargestellt, der Sophia, der
Gattin des Adam in seinen ersten Zeiten nach Jakob Böhme. Zwölf
Sterne umkränzen dagegen ihr Haupt, die zwölf großen Kraftzentren
aus den Feldern des Tierkreises. Es sind die zwölf primären Kräfte,
die großen Gesetze, die die Welt regieren, immer sich gleich bleibend,
unabänderlich in ihrem Wirken, während die Planetenstrahlung
veränderlich ist je nach dem Durchgang eines Planeten durch einen
der primären Ströme. Jupiter im Widder wirkt anders, wie Jupiter
im Skorpion, doch der Einfluß aus Widder und Skorpion bleibt stets
der gleiche.
Auf diese Zwölfzahl der Kräfte weist das alte
Testament durch die Einteilung in zwölf Stämme, die christliche
Lehre durch die zwölf Apostel Christi, des Sohnes der Jungfrau, des
neuen Adam. Es sind die zwölf Pforten in der Offenbarung Johannis,
die zwölf Perlen in der Stadtmauer des neuen Jerusalem, wo sich das
Buch mit den sieben Siegeln geöffnet befindet.
Von den Mythologien ist die griechisch-römische am
vollständigsten erhalten geblieben. Die deutsche Mythologie weist
gewisse Übereinstimmungen auf, doch ist sie nicht lückenlos überliefert
worden, der Bekehrungseifer christlicher Glaubensfanatiker hat vieles vernichtet.
Die zwölf großen Kraftströme aus dem Tierkreis
werden in der griechischen Mythologie durch die zwölf Hauptgötter
dargestellt, Minerva-Pallas, Aphrodite-Venus, Hermes-Merkur, Zeus-Jupiter,
Apollo, Demeter-Ceres, Hephäst-Vulkan, Ares-Mars, Artemis-Diana, Hestia-Vesta,
Hera-Juno und Triton-Neptun, die den zwölf Tierkreisfeldern Widder,
Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau1 Wage, Skorpion, Schütze,
Steinbock, Wassermann und Fische entsprechen.
Je drei dieser Tierkreisstrahlungen weisen Übereinstimmungen
auf, und man teilte sie danach in vier Dreiecke, Trigone, in ein irdisches,
ein wäßriges, ein luftiges und ein feuriges Trigon. Jedes der
in einem Trigon vereinigten Zeichen wirkt in dreifach unterschiedener Weise,
und diese verschiedene Wirkung drückte die Astrologie durch Einteilung
der Zeichen in Kardinalzeichen, in feste, und in bewegliche aus. Die Dreiteilung
erscheint in der Alchimie als Schwefel, Merkur und Salz.
Das irdische und das wäßrige Dreieck greift
ineinander, aber ihre Spitzen sind entgegengesetzt, und das gleiche ist
auch bei den feurigen und luftigen Dreiecken der Fall. Die Spitze des wäßrigen,
des lebengebenden, vitalen Dreiecks bildet Skorpion-Mars, die Winkel der
Grundlinie bilden Krebs-Jupiter und Fische-Neptun. Mars ist entgegengesetzt
zu Venus, Jupiter zu Vesta und Neptun zu Ceres.
Venus, Ceres und Vesta, die drei großen Muttergöttinnen,
sind die drei Säulen des körperlichen Menschen. Die Kraft der
Erde beginnt mit Stier-Venus, sie hat ihre größte Wirkung unter
Jungfrau-Ceres, und erlischt in Steinbock-Vesta. Nach diesen drei Muttergöttinnen
sind es drei Stellen im Körper, an denen die kosmischen und irdischen
Kräfte sich sammeln, Kehle, Unterleib und Knie, und vier Stellen sind
es, an denen nach den vier gemeinschaftlichen Zeichen die Krä£te
aus dem Weltall und die unseres Planeten in den Menschen eindringen, Lungen,
Sonnengeflecht, Gesäß und Füße. Von diesen Stellen
aus wirken sie in langsamer, stetiger Arbeit.
Die Göttin des Zeichens Stier, Venus, erstand als
Aphrodite Anadyomene aus dem Schaum der Meereswogen, nach orientalischer
Mythologie aus dem durch die ständige Bewegung zu Butter geronnenem
Milchmeer, und ihr ist unter anderem die Milchbrust zugeteilt, der Quell
der ersten und ausschließlichen Nahrung des jungen Menschen. Venus
ist die Göttin der Schönheit, wohin sie ihre Schritte lenkt,
lacht die Sonne, blühen die Blumen, ist alles mit Freude erfüllt,
in Harmonie getaucht. Gesang ertönt, der in der Kehle (Stier) entsteht,
an dem Ort des Durchganges der regulierenden und harmonisierenden Kräfte
der Atmosphäre, in der Kehle, in der das Lied, aber auch das Gebet
lebendig wird als Macht höheren Planes. Darum hat Venus nach der Mythologie
so vielerlei Liebschaften, die alle fruchtbar sind.
Auch Ceres, die Göttin der Eleusinischen Mysterien,
ist vielumworben. In ihr ist das Kraftfeld Jungfrau symbolisiert, sie bedeutet
die befruchtete Erde, in derem Schoß sich das Samenkorn zum lebendigen
Wesen entwickelt. Sie ist ebenso der Mutterschoß, in dem der Fötus
zum Leben erwacht, das Sonnengeflecht, in dem der neue Mensch zur Wiedergeburt
entsteht, der Schoß der Maria, in dem sich Jesus entwickelt. Nach
der materiellen Seite bin bedeutet Sie das Gekröse, in dem die mit
der Nahrung aufgenommenen Stoffe für die Erhaltung des Lebens assimiliert
werden.
Von den drei Muttergöttinnen blieb Vesta allein jungfräulich.
Über sie wird am wenigsten gesagt, ihr Kult war der verborgenste.
Sechs Vestalinnen mußten stets das ihr zu Ehren brennende Feuer unterhalten,
und kein Mann außer dem Hohepriester durfte ihren Tempel betreten.
Von Plato wird Vesta als die Seele der Welt bezeichnet, Plotin nennt Sie
die Intelligenz der Erde, Proklus das besondere Ichprinzip der Wesen. Nach
anderen ist sie eine Personifikation der Erde oder des im Erdinneren brennenden
Feuers; Sie ist beides, Erde oder Gefäß und Feuer, das darin
brennt Sie versinnbildlicht das häusliche Feuer, das Herdfeuer, und
ebenso ein Feuer des Menschen, das in seinem Gefäß gefährlich
werden kann, wenn es unbebütet gelassen wird. Der Göttin Vesta
entspricht das Zeichen Steinbock, und diesem Zeichen sind unter anderem
die Knie des Menschen zugeeignet. Auch andere Zeichen herrschen nach der
Überlieferung über scheinbar unwichtige Körperteile, während
andere, wichtigere Organe verschiedener Funktion sich dagegen mit einem
gemeinsamen Zeichen begnügen müssen. Diese Zuteilung erscheint
nicht recht verständlich, doch hat sie ihren Grund.
Der menschliche Körper bildet gewissermaßen
zwei Hufeisenmagnete, einen oberen, bei dem die beiden erhobenen Arme die
Schenkel bilden, die Hände die Pole, und einen unteren mit den Beinen
als Schenkel und den Füßen als Pole. Bei dem oberen Magneten
bildet die Brust den neutralen Mittelteil, und bei dem unteren der Unterleib
bis zum Zwerchfell. Der Strom, der den oberen Magneten durchfließt,
ist ein atmosphärisch-elektrischer, der des unteren ein erdmagnetischer,
bei dem gewöhnlichen Menschen mit einem positiven Pol links und mit
einem negativen rechts Die Organe des Unterleibes stehen durch diesen Strom
mit bestimmten Stellen der Beine und Füße in Verbindung. So
zeigt sich diese oder jene Darmstörung, eine Erkrankung der Ovarien,
der Hoden, des Uterus oft an den unteren Gliedern Der Sitz einer venösen
Stauung, der Ort einer Krampfaderbildung, einer Flechte, eines Geschwürs
an den Beinen zeigt, weIches Unterleibsorgan erkrankte und den Krampfaderdruck,
das Geschwür bedingte. Eine Ausschlagstelle an Schenkel, Knie, Wade,
Fuß zeigt an, ob Darm, Leber, Milz, Galle, Bauchspeichel drüse,
Blase zu behandeln sind. Bei der gegen seitigen Einwirkung der beiden Ströme
in den Magneten kann aber auch eine schlechte Bildung der Knie, der Fessel
Aufschluß geben über den Grad der Säfteverderbnis, der
durch Vererbung übertragen wurde. Die gesunde Funktion des Unterleibes,
der ungehinderte Durchfluß des erdmagnetischen Stromes ist für
das Wohlbefinden des ganzen Menschen, für die geregelte Funktion des
Körpers als Werkzeug für die Arbeit am Ich von größter
Wichtigkeit. Vom Unterleib und seinen Organen nehmen die meisten Krankheiten
ihren Ausgang, auch wenn sie an anderen, scheinbar nicht damit in Zusammenhang
stehenden Orten zum Ausbruch kommen. Darum begannen alle Adepten die Kur
mit Vomitus und Sedes, mit einer gründlichen Reinigung der Leib- und
Unterleibsorgane und damit der Körpersäfte.
Die aus dem Kosmos auf den Menschen einwirkenden großen
vitalen, lebenspendenden Ströme werden im Trigon Wasser dargestellt,
Jupiter-Krebs, Mars-Skorpion und Neptun-Fische. Jupiter, der Vater aller
Wesen, der Götter und Menschen, ist ein Gott, der alle möglichen
Gestalten annimmt, um zu befruchten. Er ist der Herr des Lebens, der mit
dem Blitz bewaffnet Ungeheuer und Titanen vernichtet, alle Übel und
Krankheiten, er ist das kosmische Leben selbst. Krebs, das Zeichen Jupiters,
beeinflußt Brust und Lungen des Menschen, den Ort, an dem er mit
Hilfe seines Boten Merkur eindringt in den Körper als der lebenspendende
Strom aus dem Weltenraum, als Lebenskraft sowohl des Menschen wie aller
anderen Geschöpfe des Pflanzen-, Tier- und Steinreiches. Es ist ein
Fluß, daher ist das Zodiakalzeichen ein wäßriges. Es ist
ein feinstofflicher Fluß, dessen Art durch die Waffen Jupiters angezeigt
wird, Donner und Blitz, es ist die Elektrizität.
Die Wirkung dieses elektrischen Lebensstromes im Menschen
ist eine doppelte, daher ist die Hieroglyphe des Krebses ein Doppelzeichen.
Er dringt in das Blut des Menschen ein und macht dieses lebendig, er vereint
sich aber auch mit dem Nervenfluß, und übt seinen Einfluß
aus über das Sonnengeflecht nach dem Rückenmark bis zum Gehirn.
Krebs-Jupiter steht im Tierkreis gegenüber Steinbock-Vesta. Das kosmische
Leben, das überall ein-dringen will, um die vielen Leben zu erzeugen,
gegenüber der Erde, die sich abzuschließen sucht, die steril
ist, Jungfrau aus egoistischen Gründen bleiben wll, die aus sich selbst
erzeugen möchte.
Mars entspricht dem Zeichen Skorpion, das zweite im wäßrigen
Trigon. Mars ist ein lebhafter Gott gleich Jupiter, und als Gott des Krieges
bekannt. Sein erstes Sinnbild war das in die Erde gestoßene Schwert
und die Lanze, die aber nicht allein Kriegswaffen bedeuten, sondern mehr
noch Pflug und Egge, die den Schoß der Erde öffnen und ihn der
Befruchtung zugängig machen. Daher ist Mars ein befruchtendes, schöpferisches
Prinzip, als Sohn Jupiters, des kosmischen Lebensstromes bedeutet er das
irdisch Lebengebende. Das Zeichen Skorpion herrscht über die Geschlechtsorgane
und zwar hauptsächlich über die männlichen, und dies zeigt
die Art der Kraft. Wie Mars Jupiters Sohn ist, so ist die Samenflüssigkeit
Tochter des Blutes, doch besonders geartet, und verwandt mit der Nervenkraft;
Venus erzeugte mit Mars den Eros, und nicht mit Jupiter.
Der dritte Gott des wäßrigen Trigons ist Neptun,
Tierkreiszeichen Fische. Neptun ist der Gott der Gewässer, er ist
Bruder Jupiters und Onkel des Mars, der irdischste der vitalen Ströme.
Als ein furchterregender Gott versetzt er selbst die Göttinnen, die
er mit seiner Liebe verfolgt, in Angst und Schrecken, und nur unter anderen
angenommenen Gestalten ist es ihm möglich, sich ihnen zu nähern.
Mit seinem Bruder Jupiter gerät er öfter in Streit und Kampf,
Jupiter schleudert dann auf ihn seine Blitze und Neptun kämpft mit
seinem gefährlichen Dreizack. Für Mensch und Tier ist es ein
Glück, daß diese Kämpfe nie allzu lange währen, denn
sie befinden sich stets mitten im Kampffeld, zwischen Jupiters starken
elektrischen Entladungen von oben und den nicht weniger kräftigen
erdmagnetischen Schlägen Neptuns. Mit dieser Kraft ebnet Neptun ganze
Gebirge ein, kann alles mit Eis bedecken und Erdteile versenken. Beide
Brüder bewarben sich um Ceres, die durch Jupiter Mutter der Proserpina,
und durch Neptun, der sich in ein Pferd verwandelt hatte, gewaltsam zur
Mutter der Hora und des Pferdes Arion gemacht wurde.
Das Zeichen Neptuns, Fische, ist auch ein Doppelzeichen,
es herrscht über die Füße. Mit den Füßen berührt
der Mensch die Erde und nimmt den erdmagnetischen Kraftstrom in sich auf.
Wie der von oben kommende Strom, so teilt sich auch dieser Strom von unten,
ein Teil geht in die Körperflüssigkeit über, in die Humores,
der andere Teil geht in die Nervenbahnen. Nach der Beschaffenheit der Füße,
nach ihrer Stellung ist der aufgenommene Strom verändert, sein Dynamismus
wechselt, je nachdem Zehen, ganze Sohle oder Hacken den Erdboden berühren.
Im inbrünstigen Gebet kniet der Mensch, er bringt die Vesta seines
inneren in direkte Berührung mit dem Strom Neptuns.
Verbindet man die Spitzen des irdischen und wäßrigen
Trigons, so erhält man eine wagrechte Linie, das Zeichen der Passivität.
Die Spitzen der Trigone Luft und Feuer ergeben ein senkreche Linie, das
Zeichen für die Aktivität. Beide Linien formen das kosmische
Kreuz. Alchimistisch bedeutet das Eindringen des Trigons Luft in die beiden
Trigone Wasser und Erde, daß die bisher leblos scheinende Materie
des großen Werkes sich zu verändern beginnt, daß das in
ihr schlafende Feuer sich- entzündete. Auf psychischem Plan bedeutet
es, daß die vitalen Kräfte des Trigons Wasser, die an den drei
durch das Trigon Erde angezeigten Körper-stellen untätig ruhten,
vom Trigon Luft erweckt lebendig wurden, um im Trigon Feuer zu Feuern des
Geistes aufzuflammen.
Das Trigon Luft wurde mythologisch durch die Gottheiten
Juno, Vulkan und Merkur dargestellt, es sind die Zeichen Wassermann, Wage
und Zwillinge. Alle drei Hieroglyphen sind doppelte, das bedeutet, daß
die damit bezeichneten Kräfte nach zwei Seiten hin sich auswirken.
Im Trigon Wasser waren zwei Zeichen ebenfalls doppelte, Jupiter-Krebs und
Neptun-Fische, ihre Kräfte wirkten auf die Humores, die Körperflüssigkeiten
und auf die Nervenbahnen. Die Kraftströme des Trigon Luft sind von
höherer Art, in ihm sind drei psychische Prinzipien gekennzeichnet,
die dann im Trigon Feuer zur hellodernden Geistesflamme aufleuchten sollen.
Die durch das Trigon Luft dargestellten Kräfte verbinden
sich einmal mit den vitalen des Trigons Wasser, zum an deren regen sie
den Intellekt an und wecken die feurig-intuitiven Prinzipien.
Die Spitze des luftigen Trigons bildet das Zeichen Wassermann,
dessen Emanationen in der Göttin Juno dargestellt werden. Diese Göttin
ist Zwillingsschwester und zugleich Gattin des Jupiter, des kosmischen
Lebensstromes. Ihr Sitz im Körper sind die Kniekehlen, daher zeigt
sich die Störung dieser Kraft in Spannung und Schwäche der Kniekehlen.
Juno wurde die heimliche Göttin genannt, die den Menschen Schlaf und
Vergessen bringt, aber ein Vergessen seiner eigentlichen, höheren
Bestimnung. Sie ist eine rachsüchtige Göttin, deren nachtragender
Groll sich niemals legt. Eifersüchtig will sie Jupiter, den allgemeinen
Lebensstrom, für sich allein besitzen, der wider ihren Willen ihr
Gatte wurde, als er sie während eines Gewittersturmes überwältigte.
Ohne Unterlaß verfolgt sie die Kinder, die Jupiter in der Welt mit
Göttinnen und sterblichen Frauen zeugte. Eine Ausnahme macht allein
Merkur, der, von Maja geboren, von ihr adoptiert und an ihrer Brust genährt
wurde. Sie war selbst nicht immer treu, vom Titanen Eurimedon hatte sie
einen Sohn, Prometheus, der das Feuer vom Himmel raubte und es den Menschen
brachte, um bei ihnen als Schöpfer gelten zu können.
Juno ist Mutter des Mars und auch des Vulkan, sie herrscht
über die Fruchtbarkeit, über die Geschlechtsvereinigung, Empfängnis,
über den Monatsfluß, und zeigt damit, welche Abart der Lebenskraft
es ist, die durch sie gekennzeichnet wurde. Es ist eine lüsterne Kraft,
die von Herkules an der Brust verletzt werden mußte, die aber Merkur
an ihrer Brust nährt, und auf Fürbitte von Pallas einwilligte,
daß der ebengeborene Herkules etwas von ihrer Milch erhielt. Ihre
Tochter Hebe, die glänzende mit ewiger Jugend, wird Gattin des für
seine Taten in den Himmel aufgenommenen Herkules, des wiedergeborenen,
reinen, unsterblichen Menschen in dem glänzenden fluidisch-astralen
Körper.
Das zweite Tierkreisfeld im luftigen Dreieck ist Wage,
die aus ihm wirkenden Strahlungen werden durch den Gott Vulkan dargestellt.
Vulkan ist der Gott der Schmiede, der Gold- wie auch der Grob-schmiede.
Nach der einen Darstellung wurde er, durch den Einfluß der tuft gezeugt,
von Juno ge-boren, nach anderer sind Jupiter und Juno sine Eltern. Als
Sohn des kosmischen Lebensfeuers ist er der Gott des elementischen Feuers,
jenes Feuers, das aus astralen Regionen zu uns Menschen kommt. Gleich nach
seiner Geburt wurde er aus dem Him-mel gestürzt, dem Sitz der Götter,
und zwar soll ihn entweder seine Mutter Juno selbst wegen seiner Häßlichkeit
herabgeworfen haben, oder Jupiter stürzte ihn herab, weil er seiner
Mutter beistand, als sie aufgehängt wurde mit zwei Ambossen. Nach
seinem Sturz schwebte er lange Zeit zwischen Himmel und Erde, stürzte
aber doch herab, und wurde durch diesen Sturz für immer lahm und ge-brechlich.
Von zwei Titaniden, Thetis und Eury-nome (Feuchter Schlamm und nährende
Fetichtig-keit) wurde er aufgefunden, in ein Versteck ge-bracht, in eine
Grotte unter Gewässern, und dort gepflegt und aufgezogen. An diesem
Ort verblieb er neun, nach anderen zwölf oder fünfzehn Jahre,
die Zeit bis zur Geschlechtsreife des Menschen, verschieden nach Klima
und Rasse, zu der der Mensch die Kraft Vulkans zu fühlen beginnt.
Vulkan ist das Sinnbild des Fleißes, der unerrnüdlichen
Tätigkeit. Deshalb ist er es, der Pallas aus dem Haupte Jupiters frei
machen mußte, der im Menschen aus dem Lebensfeuer den Intellekt,
die Verstandesgelehrsamkeit durch den Fleiß entstehen läßt.
Das Versteck Vulkans wurde durch die Meereswogen so gut verborgen, daß.
ihn selbst die Götter lange Zeit nicht entdeckten. Auch während
dieser Zeit war er nicht untätig, er fertigte Waffen und Schmuck in
seiner Grotte. Die Kraft Vulkans nimmt der Mensch mit dem belebend-feurigen
Element durch die Atemluft auf, denn Vulkan ist der Sohn Jupiters. Sie
ist unsichtbar, verborgen unter dem Fließen des Blutes, doch ist
sie keinen Augenblick untätig, sie läßt die Waffen entstehen,
den Schmuck, die der Mensch im Lebenskampf braucht, Waffen des Wollens
und Strebens, der Mannhaftigkeit, den Schmuck weiblicher Anmut, weiblichen
Reizes, der Sehnsucht und der Wünsche. Meist ist aber Wollen und Wünschen
des Menschen selbstsüchtig-Vulkan wurde lahm und gebrechlich durch
seinen Sturz auf die Erde.
In seiner Schmiede schuf er dann später für
Ju piter das Szepter, für Mars Schwert, Schild und Lanze, für
Venus das Diadem, den Halsschmuck und den Schönheitsgürtel, für
seine Mutter .Juno die demantenen Pantoffel, für den Menschen aber
auch die Büchse der Pandora, die alle Übel enthält.
Wage, Vulkan, ist entgegengesetzt zu Widder, Pallas. Vulkan
und Pallas, beides Kardinalzeichen, feurig-elektrisch, getrennt durch die
ganze Weite des Weltenraumes, sind die beiden entgegengesetzten Pole einer
ungeheuren Hochspannung, von denen unsichtbar Ströme ausgehen und
das Weltall durchdringen. Diese Ströme fließen in hohen Regionen,
und man bemüht sich in neuer Zeit, sie durch Stratosphärenflug
und Registrierballon zu erforschen.
Die Spannung des einen Pols sucht ständig den Ausgleich
mit dem anderen, wie Vulkan unaufhörlich nach der Vereinigung mit
Pallas strebt, der unerbittlich spröden. Seine Brunst, die Pallas
niccht erreichen kann, trifft die Erde, und zeugt ihr den Erichtonios,
das Doppelwesen mit dem Körper eines Menschen und zwei Schlangen an
Stelle der Beine. Dieses doppeltpolarisierte Wesen wird von Pallas aufgenommen
und in einem Korb der Obhut dreier Schwestern anvertraut, den Töchtern
des Kekrops, Aglauros, Herse und Pandrosos, deren Namen drei verschiedene
Witterungszustände bezeichnen. Erichtonios bedeutet den in der Atmosphäre
vorhandenen Induktionsstrorn jenes starken primären Stromes der Stratosphäre.
Wie oben, so unten, wie im Weltall, so im Menschen, so aber auch im Atom,
überall fließen die beiden Ströme, der primäre und
der sekundäre.
Das Zeichen Wage steht in Beziehung zu den Weichen, zu
den Geschlechtsdrüsen, das Zeichen Widder zum Gehirn. Zwischen diesen
beiden Polen fließt dauernd ein Strom, aus der Region des sinnlichen
Geschlechtstriebes nach oben strebend in die Region des Geistes. Durch
gewisse Yogapraktiken, die heute sehr verbreitet sind, durch bestimmte
Atemübungen glaubt man, diesen Strom leiten zu können. Diese
Übungen können höchstens das Sonnengeflecht kräftigen,
die Kraft Vulkans stärken, die im Mythos verborgene Weisheit aber
lehrt, daß allein Pallas es vermag, die aus der Kraft Vulkans gezeugte
Mißgestalt des Erichtonios einzuschließen. Die asoziale, geschlechtliche
Libido soll aufsublimieren, zu einer sozial wertvollen Triebkraft des Geistes
werden.
Der dritte der Götter im luftigen Dreieck ist Merkur
mit dem Zodiakalzeichen Zwillinge. Merkur ist ein Sohn Jupiters und der
Maja, genährt von Junos Brust. Er ist der am meisten beschäftigte
der Götter, reinigt ihren Versammlungssaal, ist stets beim Erheben
Jupiters zugegen, um dessen Befehle zu empfangen und sie den Menschen zu
überbringen, und findet sogar des Nachts keine Ruhe, denn er muß
die Toten in die Unterwelt geleiten und bei der Verkündung des Urteils
über sie zugegen sein. Alle Aufträge der Götter werden ihm
übertragen, auch die weniger einwandfreien, und er führt alte
getreulich aus. Er ist der Gott der Beredsamkeit, der Worte, und ist überall
geschäftigtätig, im Himmel, auf Erden und in der Unterwelt. Er
begleitet Jupiter, den großen allgemeinen Lebensstrom, auf den Flügeln
des Hauches, er ist es, der dem Menschen aus diesem Hauche die Ideen erweckt
im Sitze der Intelligenz. Dieser vielseitige Gott erfand auch die Zahlen,
die Maße, die Gewichte, lehrte die Künste und schönen Wissenschaften,
die Gesetze, aber ebenso die Lüge. Er ist es, der die Kriege leitet
und den Frieden bringt, die Heiterkeit, die Ruhe mit seinem geflügelten
Schlangenstab, dem Caduceus, der nach der Auffassung des Ostens die menschliche
Wirbelsäule bedeutet mit den beiderseitigen fluidischen Strahlungen
als den zwei Schlangen. Durch eine Vereinigung Merkurs mit Venus wurde
Eros gezeugt, der Gott der Liebe.
Das Trigon Feuer, dessen Einfluß das luftige Trigon
entflammt, besteht aus den Zeichen Widder, Schütze und Löwe,
symbolisiert durch die beiden jungfraulichen Göttinnen Pallas-Minerva
und Diana, sowie durch den jugendschönen, fruchtbaren Gott Apollo.
Alle drei sind Kinder Jupiters und daher Geschwister, doch während
die Zwillinge Diana und Apollo eine gemeinsame Mutter haben, Latona, entsprang
Pallas ohne Mutter erwachsen und in voller Rüstung dem Haupte Jupiters.
Das Zeichen Widder, Pallas, herrscht über den Kopf
des Menschen, das der Diana, Schütze, über die Weichen, das Gesäß,
den Plexus sacralis, dasjenige Apollos, Löwe, über das Herz.
Das Zeichen Schütze wurde in alten Zeiten vielfach
als bogenschießender Zentaur dargestellt, als ein Doppelzeichen,
das nach zwei Richtungen hin wirksam ist, nach der menschlichen und nach
der tierischen Seite hin.
Diana ist gleich Vesta eine geheimnisvolle Göttin,
die unter drei Gestalten erscheint. Am Himmel ist sie Luna, auf Erden Diana,
und in der Unterwelt Hekate. Die Mythe über ihre Geburt berichtet,
daß Juno Latona mit ihrer Eifersucht verfolgte, und die Erde schwören
ließ, ihr keinen Zufluchtsort für die bevorstehende Niederkunft
zu gewähren. Jupiter verwandelte seine Geliebte in eine Wachtel, Neptun
ließ aus dem Meere eine Insel auftauchen, und hier wurde als erste
Diana geboren, die sofort ihrer Mutter behilflich war bei der schweren
Ge-burt ihres Zwillingsbruders Apollo. Daher unterstehen Geburten sowohl
der Diana, wie der Juno. Diejenigen Geburten aber, über die Diana
herrscht, sind von einer anderen, höheren Art, geistig, denn ihre
erste Hilfeleistung bei einer Geburt galt dem Gotte des Lichts.
Diana bat ihren Vater Jupiter, für immer Jungfrau
bleiben zu dürfen, und Jupiter gewährte ihr diese erste Bitte,
auch ebenso die zweite um Waffen. Er ernannte sie zur Herrscherin über
die Quellen und Wälder und als Hekate über das Schicksal der
Erde und des Menschen, über das innere Feuer, das von Vesta und den
sechs Vestalinnen gehütet wird, jenes Feuer, das ein Zwillingsbruder
des Sonnenfeuers, der Intuition ist. Dieses Feuer soll im Menschen bis
zum Thron Apollos aufsteigen, so, wie Hekate, nachdem sie alle Verbrechen,
alle Falschheit beseitigte, oder wie Diana, nachdem sie die wilden Tiere
jagte und erlegte, in das Haus ihres Bruders Apollo einkehrt, um dort zu
ruhen. Es ist jenes Feuer, das im Plexus sarrajis brennt, das sich vom
Vater auf den Sohn vererbt, bis es einem der Nachkommen gelingt, es aufsteigen
zu lassen zum Herzen, zum Thron Apollos.
Doch dieses Feuer der Diana kann auch herabsinken je nach
dem Willen, der es leitet. Diana ist am Himmel Luna, der Mond, der dem
Hexen-sabbat leuchtet, der in schwarzinagischen Hand-lungen eine wichtige
Rolle spielt. Der Mensch emp-findet dies Feuer zuerst im Sonnengeflecht,
am Ort der Ceres.
Verschiedene der alten Mythen stellten Diana der Proserpina gleich,
Tochter der Ceres und Königin der Unterwelt. In ihr ist ein Feuer
symbolisiert, das die unterirdische Höhle erhellt, die Höhle
der Vesta, von der die Legenden und Märchen erzählen. In diese
Höhle am Fuße eines Gebirges, deren Ein-gang unter dornigem
Gestrüpp verborgen liegt, muß derjenige eindringen, der nach
Weisheit strebt, der das große Werk unternehmen will. Hier wird er
die Materie finden, einen gewaltigen Schatz, doch bewacht von Geistern,
Feen und Zwergen. Sein Anblick mag ihn in das höchste Entzücken
ver-setzen, doch wehe ihm, wenn er es wagen würde, von diesem magischen
Schatz etwas zu erraffen, um es mitzunehmen und sich in der Welt damit
irdische Vorteile zu verschaffen, es wäre sein Untergang.
Die zweite der Gottheiten des Feuertrigons ist Pallas.
Sie ist die Göttin der Intelligenz, das Lebensfeuer des Gottes Jupiter
in höherer Schwingung. Darum hat Pallas keine Mutter, sondern entspringt
erwachsen in voller Rüstung dem Haupte ihres Vaters. Aber dies konnte
nicht ohne die Hilfe Vulkans geschehen, er mußte sie durch einen
Beilhieb aus dem Haupte Jupiters lösen: die Kraft Vulkans im Blute
befähigt erst das Gehirn, Ideen zu erzeugen. Pallas ist auch Minerva
die Göttin der Gelehrsamkeit, sie ist ebenso Göttin des Kampfes,
des Lebenskampfes, ihr Rat führt stets zum Sieg. Als Pallas lehrte
sie alle Wissenschaften, führte den Menschen zu allen Entdeckungen,
verschaffte ihm alle technischen Errungenschaften, lehrte die Kunst des
Städtebaues, des Schiffbaues, des Webens und Stickens. Sie bedeutet
die Gelehrsamkeit, die alles fand, den Geist des Menschen in seiner rastlosen
Tätigkeit. Als Minerva ist sie die Vernunft, die in der exakten Wissenschaft
herrscht, die sich selbst hoch einschätzt, die sich selbst so gern
bewundert in dem goldenen Spiegel, den ihr Vulkan schenkte.
Nach einer Mythe kämpften Pallas und Minerva im Scherz
miteinander, und bei einem solchen Kampf wurde Pallas von Minerva tödlich
verwundet. Aufs tiefste betrübt durch diesen unglücklichen Ausgang
des Kampfes formte Minerva ein Bild von Pallas aus Wachs, ein Idol, dem
sie Leben gab: die exakte Wissenschaft tötet die Intuition, und glaubt,
sie durch ein selbstgefertigtes Bildnis ersetzen zu können, dem sie
ein künstliches Lehen gibt. Alle Wissenschaft, alle menschliche Gelehrsamkeit
aber ist nur ein Trugbild, eine belebte Puppe.
Die Emanationen aus dem Tierkreiszeichen Löwe wurden
von den alten Weisen durch den Sonnen-gott Apollo gekennzeichnet, er bezeichnet
die höchste Form des Geistes, die Weisheit, das geistige Licht in
seinem hellsten Glanz. Im Gegensatz zu seinen beiden Schwestern Pallas
und Diana, den reinen Jungfrauen, ist Apollo ein fruchtbarer und schöpferischer
Gott, er ist der Gott des Lichts in seiner höchsten Reinheit, das
Licht der wahren Erkenntnis, das im Herzen leuchtet. Durch die harmonischen
Töne seiner Harfe wandelt und leitet er die Menschen, durch das Geschenk
Merkurs, mit dem er die Möglichkeit erhielt, die aus der Atmosphäre
kommenden Kräfte im Menschen zu harmonisieren.
Während sich die anderen Götter dem Menschen
nicht immer wohlgesinnt zeigen, ist Apollo allein stets wohlwollend und
hilfreich; hat ihn sein Temperarnent zu einer unüberlegten Tat verleitet,
so legt er sich selbst eine Buße auf.
Löwe, das Zeichen Apollos, ist ein festes, dasjenige
Dianas, Schütze, ein gemeinschaftliches, und das Pallas, Widder, ein
bewegliches. In seiner ersten Art ist Apollo ein sinnliches Feuer, ein
Feuer des Gefühls, des Wunsches. Es vermittelt Diana die nötige
Kraft, die sie befähigt, sich jene Fähigkeiten anzueignen, die
den geistigen Aufstieg kennzeichnen, die aber nach der anderen Seite in
den Abgrund führen können, denn das Trigon des Feuers enthält
die Klippe, die viele der nach geistigem Aufstieg Strebenden scheitern
läßt.
Die Inversion gelangt an eine Stelle, wo sich die Wege
trennen, aufwärts oder abwärts. Aufwärts führt der
Weg zur wahren inneren Sammlung, abwärts in die dunklen Gefilde der
Zauberei, das Sich-verlieren an die Leidenschaften. Ihnen sucht man durch
Machenschaften der schwarzen Magie Befriedigung zu schaffen, indem man
glaubt, sich von den Gesetzen der Natur befreien zu können. Hier gähnt
der finstere Abgrund, die Schizophrenie, der geistige Tod.
Minerva, die von ihrer Schwester Diana die Kraft Apollos
entgegennahm und weiter verfeinerte, sollte sich nicht zu lange im Spiegel
Vulkans beschauen und bewundern, denn das führt sie in die sterilen
Gefilde des Hochmuts, der unangebrachten Überheblichkeit. Blieb die
der Diana übermittelte Kraft Apolls nur ein sinnliches Feuer, so entwickelt
es sich nicht aufwärts, sondern abwärts, und das ist der Weg
in die Hölle, der geistige Absturz, der Untergang in die Sexualmagie.
Minerva muß den Spiegel weglegen, sie muß
sich bewußt werden, daß sie nicht das Ziel ist, sondern nur
der Weg dahin, daß Widder ein bewegliches Zeichen ist, ein Zeichen
des Übergangs, und daß nur im Domizil ApolIs die Sicherheit
erlangt wird, daß nur hier im festen Zeichen die sinnlichen Bestrebungen
über den Weg der Vernunft zur wahren. Weisheit erhöht werden,
zur umfassenden geistigen Liebe.
Dies sind in Kürze die Beziehungen der zwölf
großen kosmischen Kräfte untereinander, ihr Einfluß auf
den Menschen, der dann deutlich in Erscheinung tritt, wenn der Mensch den
herab-ziehenden Einfluß der sieben planetaren Kräfte überwinden
konnte.
Die Befreiung von den Planetenkräften ist die erste
Bedingung, der einzige Weg, der den Menschen seiner wahren Bestimmung zuführt,
der es ihm ermöglicht, das große Werk auf geistiger Ebene zu
vollbringen. Er muß sich von seinen Leidenschaften freimachen, denn
ihre gemeinsame Wurzel ist Selbstliebe und Selbstsucht.
Die christliche Mystik stellt den Weg, dem der Adept zur
Erreichung des höchsten Zieles zu folgen hat, die Abtötung des
alten, im Irdischen gefesselten Menschen, damit er als ein neuer, reiner
wiedergeboren werden kann, im Leiden und Sterben Christi dar.
Der Leidensweg beginnt mit dem Haupte, dem Ort der Pallas,
durch das Aufsetzen der Dornenkrone. Es folgt die Geißelung, das
Schlagen der Wirbelsäule, der Nieren, und der lange, schwere Aufstieg
auf den Kalvarienberg. Hier wird der Mensch aller Kleider entledigt, alle
Gedanken, alle Gefühle, die ihn noch mit dem materiellen Dasein verbinden,
werden abgelegt mit Ausnahme des Lendentuches, das bis zuletzt die geheimen,
niederen Zentren verhüllt. Er wird an das Kreuz geschlagen, die Hände,
die Füße werden durchbohrt, die Plätze Merkurs und Neptuns
geöffnet, und nach der Aufrichtung des Kreuzes folgt die Öffnung
der linken Seite, die Öffnung Apolis, des Herzens, dem die letzten
Tropfen Blut und Wasser, die letzten Bindungen an die materielle Wert entweichen.
Und weil das Herz schon fast leer ist, so ist es nicht mehr notwendig,
dem Gott-Menschen ebenso, wie den Schächern die Knie zu brechen, der
Vesta das Feuer zu entreißen, das sie bereits darbrachte.
Wie in den alten Mythen und Sagen die Erringung des großen
Meisterwerkes der Alchimie auf geistigem Plan verborgen ist, so auch die
Verwirkhehung auf stofflicher Ebene. Das Herkulesepos zeigt in den zwölf
Arbeiten, und von diesen besonders im Raub der goldenen Äpfel der
Hesperiden deutlich erkennbare Beziehungen zur Herstellung des großen
Werkes im Stofflichen, und ebenso sind in den Werken Homers, des großen
Eingeweihten, viele Stellen zu finden, die darauf Bezug haben.
Die Sage berichtet vom Argonautenzug, der von Jason unternommen
wurde, um das goldene Vließ, das fließende Gold der Adepten,
zu erobern. Auf dem Schiff, der Argo (identisch mit der Arche des Noah
und mit der Theba, dem Gefäß der Isis) befand sich als einer
der Teilnehmer an dem Zuge Orpheus. Er war Sohn des Gottes Apoll und der
Muse Kalliope, deren Name das schöne, das große Werk bedeutet.
Der Name Orpheus ist die griechische Form des phönizischen Arpha,
zusammengesetzt aus den Worten Aor, Licht und Rophae, Heilung, er bedeutet
den, der durch Licht heut, durch das trinkbare Licht, Aor, Aur oder Aurum
potabile. Wie dieser Name, so haben auch alle anderen mythologischen Namen
ihren verborgenen Sinn, und die Kenntnis des Namens klärt innere Zusammenhänge
auf, sie vermag nach der Wissen-schaft von den Buchstaben und Namen die
darin eingeschlossenen Kräfte frei zu machen, verborgene Geheimnisse
zu enthüllen.
Orpheus bezauberte durch Musik, er brachte damit die das
Schiff bedrohenden Felsen zum
Zurückweichen, und zähmte die wilden Tiere. Durch sein Harfenspiel
bewegte der göttliche Apoll die Steine und errichtete so die Mauern
von Troja, und auch Amphion, ein Sohn Jupiters und der Antiope, vermochte
durch sein Saitenspiel Steine zum Leben zu erwecken. Diese Fabeln über
die Macht der Musik werden damit erklärt, daß der philosophische
Merkur alles im großen Werk vollbringe, daß die durch das Saitenspiel
bewegten Steine, die sich zu Mauern zusammenschließen, jene anfangs
flüchtigen Substanzen der Materie zum großen Werk bedeuten,
die sich bei der Gerinnung aneinanderschließen und eine feste Form
bilden.
Die Fabeln weisen aber auch auf die engen Be ziehungen,
die zwischen der Alchimie und der Musik bestehen. Es sind zwei Schwestern,
die beide den Menschen aufwärts führen, die beide allen Menschen,
ob arm, ob reich, dienstbar sind, und die beide mißbraucht werden,
von den Afteralchimisten und von den Kakophonisten der Moderne.
Über die alchirnistische Bedeutung der Sage von den
Beziehungen der Göttin Venus zu dem Gott Mars sagte Michael Maier
in den "Arcana Arcanissima": Wenn man die Venus der Philosophen in ein
Bett oder geeignetes Gefäß legt, und sie mit dem Mars durch
unsichtbare Bande vereint, so wird sie eine sehr schöne Tochter gebären,
genannt Harmonia, weil sie harmonisch gebildet ist, das heißt, vollkommen
nach philosophischem Maß und Gewicht.
Diese Jungfrau Harmonia wurde Gemahlin des Kadmos, Sohnes
des Agenor, des Königs von Phönizien. In Böotien tötete
dieser Kadmus den Drachen, von dem in den Schriften der Adepten oft die
Rede ist, in Griechenland führte er nach der von Plinius und Strabon
aufgezeichneten Sage den Bergbau ein, die Kunst des Metallgießens
und die phönizische Schrift. In diesen Sagen sind zahlreiche Zusammenhänge
mit dem großen Werk zu finden, die einzeln aufführen zu weit
führen würde.
Das jüdische Volk erhielt über die Israeliten
die diesen angeblich durch Moses ausgelieferte Esoterik der ägyptischen
Priesterschaft unter dem Namen Kabbala, das heißt: Das, was übermittelt,
von anderswoher empfangen wurde. Als ägyptische Weisheit ist die Kabbala
von allen Adepten geschätzt worden.
In der Schöpfungsgeschichte des Moses heißt
es: "Und Gott sprach: Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an besondere
Örter, daß man das Trockne sehe. Und es geschah also." Von der
erdig-wäßrigen Masse, dem Chaos, wurde das Wasser abgeschieden,
aus dem Chaos, aus Eden ging ein Strom hervor, Pison, der das Land Chavilah
umfließt, wo man Gold, Bedellion und den Edelstein Onix findet. Es
ist ein schnellfließender Strom, ein Wasser des Wachstums, das sich
selbst reinigt, das in sich das kostbare Gold mitführt, den roten
Schwefel der Weisen, aus dem der
wunderbare Stein Onychel entsteht. Der zweite Strom sondert sich vom
Pison ab, umfließt das Mohren-land und vereinigt sich dann wieder
mit ihm. Der dritte Fluß ist Chiddekel, dunkel, wie Blut, der Adepten
schwarzes Wasser, und der vierte ist der Phrat. Wer die drei anderen kennt,
wird auch diesen sehen, er ist der letzte und größte, und erquickt
das verbrannte Chus. Er ist die Vermischung Himmels und Erden, des Feuchten
und Trocknen, des Unteren und Oberen, oder, wie die Adepten sagten, des
Flüssigen und Festen, Kalten und Warmen, Männlichen und Weiblichen,
des Adam und der aus ihm genommenen Eva, des Königs und der Königin,
des Adlers und des Löwen, Merkurs und Sulfurs. Es ist dieVereinigung
der zwei aus einer hervorgegangenen Substanzen zur Prima Materia, symbolisiert
durch die Schlange, die sich in den Schwanz beißt, das Ende, das
in den Anfang aufging.
Weiter heißt es in der Schöpfungsgeschichte,
daß ein Dampf Ed von Arez, der Erde ausging und die ganze Oberfläche
der Adamah, der Erde oder des Landes befeuchtete. Es ist also ein Unterschied
zwischen Erde und Land oder Erde, denn vom Feinsten, vom feinen Staub der
Erde Adamah wurde der Mensch geschaffen, vorn Staube Aphar der roten, schweflichen
Erde Adamah, aus dem weißen und roten Sulfur der feurigen Wasser,
Akkor mint Adamah. Akkor, der Acker, wurde nach dem Sündeniall von
Gott verflucht, doch ließ seine erbarmende Güte dennoch einen
Segen darin. Diesen Acker soll der Mensch im Schweiße seines Angesichts
bebauen, um den Stein Onychel zu finden, das Kleinod der Weisen vom Tau
des Himmels und der Fettigkeit der Erden. Es ist der rote Acker des altdeutschen
Spruches, in dem die drei Würmer gefunden werden, ein schwarzer, ein
weißer und ein roter.
"Gott wird euch seinen Segen geben", heißt es in
der Schrift des Abraham Eleazar, "vom Mark des Landes und vom Tau des Himmels,
dessen Vater die Sonne und der Mond die Mutter, den der Wind in seinem
Bauche getragen, unser Nitersalz, so im Meere der Welt sich wendet, den
unsichtbaren, gefrorenen Geist der Luft, unseren Himmel, ein Wasser, das
die Hände nicht naß macht, denn es ist der unergründliche
Geist des Herrn. Er schwebt in der Luft, die geflügelte Schlange,
der allgemeine Geist der Welt, der alles unter dem Himmel, Menschen und
alle Geschöpfe durchdringt dieser ist unsere Materie, die wir aus
der geronnenen Luft wiederbringen und bereiten, der Geist aus unserem Tau."
"Die untere Schlange bedeutet unsere Materie, die irdisch
und auch himmlisch ist, die rechte jungfrauliche, adamische Erde, die überall
gefunden wird. In ihr ist der allgemeine Geist, weder animalisch, vegetabilisch
noch mineralisch, ein Magnet, der den allgemeinen Geistdampf an sich zieht
und dadurch zum Chaos, zum vermischten Klumpen der weisen Meister wird.
Aus der jungfraulichen Erde scheidet das reine, kristallinische Salz, ohne
das nichts erzeugt werden kann, die Prima Materia der alten Weisen, das
fruchtbringende Salz, das aus der primaterialischen Erde bereitet wird.
Dieses Salz sattiget mit seinem eigenen abgezogenen reinen Geist. Dann
scheidet das Flüssige vom Festen, reiniget jedes auf das höchste
und vorsichtigste, das Flüchtige durch sieben und mehr Rectificationen
per se, und vereiniget es destillando mit seinem flüchtigen Salz,
welches zuletzt durch vermehrte Hitze in weißen Blumen aufsteigt.
Das rückständige feste Salz reinigt so oft, bis es wie ein Diamant
geworden ist, dann reibt es fein, schüttet es in eine Phiole, gießt
den mit dem flüchtigen Salz vermischten Geist darauf, schließt
das Gefäß sorgfältig, damit nichts ausdünste, und
setzt es in eine linde Wärme. So solviert das Flüchtige das Fixe,
und aus beiden wird ein feuriger Saft. Dieses ist die Quintessenz, und
der Segen, den Gott in die Erde gelegt hat, vom Tau des Himmels und der
Fettigkeit der Erden, das Leben aller erschaffenen Dinge."
Eden, das Land, von dem die vier Ströme aus-gehen,
ist "das heilige Land", die Erde der Philosophen. Es wird symbolisch durch
das Tau dargestellt, es ist der Ausgangsort Ta oder Tau, das
Hochland Tab oder Tav, das Bett Tel, Tal oder Tute, Dhema als Ausgangsort
der Menschen Demos, der Gipfel Tbobut oder Thibet, die Hochfläche
Tabor oder Tabula, der Garten Adon oder Eden, die Erde der Sonne, die Prima
Materia. Im Sanskrit heißt diese heilige Erde Paradesha, chaldäisch
Pardes, das Paradies, wo die Quelle der Erkenntnis am Fuße des Lebensbaumes,
der Brunnen der Urd, der Frau Holle, gelegen ist, aus dem der Trank der
Unsterblichkeit, das,Elixier des Reichtums und langen Lebens fließt,
an der Weltesche, unter der die drei Nornen den Schicksalsfaden spinnen.
Jesus, Gottes Sohn, das Licht der Welt, wurde von der
Jungfrau Maria geboren. Mare, Maha, Meru, Mirjam, Mara oder Maria ist nach
der einen Deutung der Himmel, der himmlische Ozean, der in seinem Schoße
die Sonne trägt, nach einer anderen ist sie das Meer der Weisen, das
in seinem Schoße den Erlöser von irdischen Leiden, die Prima
Materia, trägt.
Diese Mutterjungfrau wurde öfter schwarz dar-gestellt,
die schwarze Materia secunda, aus der Merkurius Philosophorum, die Materia
prima hervorgeht, die zum großen Elixier erhöht wird.
In der Mystik wird oft der Gegensatz der Aktivität
zur Passivität durch die schwarze und weiße Farbe symbolisch
ausgedrückt. Archelaos, der Lehrer des Sokrates, lehrte, daß
vor der Schöpfung Himmels und Erden das Erste, Absolute eine allgemeine,
unbestimmte, gleichmäßige Helligkeit war gleich einer Dämmerung.
In dieser allgemeinen, unbestimmten Helle ruhten zwei Möglichkeiten,
die Kraft und Aktivität, symbolisiert durch das Lichte, und der Raum,
die Ausdehnung, die Passivität als absolute Finsternis, als undurchdringliche
Schwärze. So lange diese zwei Wirkungsmöglichkeiten ungeschieden
in der ersten Einheit ruhten, war das Entstehen der Welt unmöglich,
sie mußten sich dazu erst voneinander scheiden.
Über dieses tiefe Mysterium heißt es in dem
Zohar genannten Teil der Kabbala: "Bedenkt man, daß der Heilige (gesegnet
sei Er) unendlich ist und alles ausfüllt, so läßt sich
verstehen, daß jede Idee einer Schöpfung unmöglich gewesen
wäre ohne den Zim-Zum (Sammlung, Konzentration). Wie kann man Wasser
in einen Becher schütten, der bis zum Rand gefüllt ist? Der Heilige
(gesegnet sei Er) hat deshalb das heilige Licht, das seine Essenz bildet,
zusammengezogen (bis es auf einen Punkt konzentriert wurde)."
Die Idee des ursprünglichen, absoluten Einen kann
man sich unter einem Meer von gleichmäßiger, unbestimmter Helle
vorstellen, das alles ausfüllt, ein dämmriges Nebelmeer. In diesem
Meer zog sich die Helle allmählich zusammen, wodurch das Leuchtende
mehr und mehr konzentriert wurde, bis es ein blendend strahlender Punkt
in einer nunmehr jeder Helligkeit baren, leeren Finsternis wurde. Diese
in einen Punkt konzentrierte Helligkeit ist die Kraft und die Herrlichkeit
Gottes, und der unendliche, leere, finstere Raum ist die Passivität
im Prinzip, symbolisiert in der Päpstin des Tarot, im Buchstaben Beth.
Es ist Elisabeth, die schwarze, unfruchtbare, die in allen religiösen
Kulten mehr oder weniger deutlich erkennbar wird. Es ist das Chaos, die
erste, noch unbestimmte Materie, Materia secunda, die Nacht. Deshalb sagten
die Dichter, alles sei aus der Nacht entstanden: "O
Nox, melaina Jvn cruVevn aVtrvn trojh",
"o Nacht, du schwarze Säugamme der silbernen Sterne", singt Ödipus.
Nach der israelitischen Überlieferung wird die Passivität
im Prinzip und in der Tätigkeit durch die beiden Frauen Abrahams symbolisch
dargestelIt, die schwarze Sklavin Hagar, und die weiße, freie Sarah.
Im Sanskrit wird Hagar zu Sagara, "schlafendes Wasser", das wellenlose,
tote Meer, und Sarah wird zu Saras-Vati, "lebendiges Wasser", der lebhaft
strömende Fluß. Jede der beiden Frauen gebiert einen Sohn, die
beide durch das Sternbild Zwillinge symbolisiert werden und die gegensätzlichen
Pole des Absoluten bedeuten.
Isaak, der Sohn der Sarah, heißt in Pehlvi Y-Zohak,
im Sanskrit Ya-Dancaka: der geopfert, gepeinigt werden will. Ismael, der
Sohn der Hagar, bedeutet Herr (Ica) der Passivität (Ma). Der gleiche
Sinn liegt in den beiden Namen Jesus und Johannes. Yaj-Van im Sanskrit
bedeutet: der seine Opferung wünscht, und dieser Name wird im Zend
zu Yasuan, im hebräischen zu Yesuah. Der hebräische Name Yohannan
ist im Sanskrit Jahanna, das heißt: ich habe getötet.
Nach dem Evangelisten Lukas gebar die schon alte und bis
dahin unfruchtbar gebliebene Elisabeth durch ein Wunder den Sohn Johannes
den Täufer, "Das Wort in der Wüste", und die jungfräuliche
Maria gebar ebenfalls durch ein Wunder Jesus, "das Wort der göttlichen
Macht". Durch die Taufe im Jordan tötete Johannes den alten Jesus,
er ließ einen neuen, reinen entstehen, das heißt, er vergeistigte
ihn, und erhob ihn damit zur höchsten Reinheit, zum großen Elixier.
"Kein Geist ist in der Gewalt des Menschen. Sollte der
große, allgemeine Weltgeist ein Erlöser der Menschen werden,
so mußte er eine irdische Gestalt annehmen, von einer reinen Jungfrau
geboren werden", wie Graf Franciscus Onuphrius dc Marciano schrieb (Wiener
Ausgabe 1751).
Im Buche eines Adepten, betitelt "Amor Proximi, geflossen
aus dem Öle der göttlichen Barmherzigkeit, geschärft mit
dem Weine der Weisheit, bekräftigt mit dem Salze der göttlichen
und natürlichen Wahrheit; den armen zwischen Jericho und Jerusalem
verwundeten Nächsten zum besten ans Licht gegeben. Haag, Ao. 1686",
heißt es: "Wie das große Universal für die Seelen im Leiden
und Sterben Christi erkannt werden kann, so auch für die körperlichen
Leiden.
Sollte das Blut des Löwen vom Stamme Juda vergossen
werden, so mußten solche sein, die ihn als das einige Subjectum des
Heils geißelten, mit Dornen krönten, verwundeten; Damit des
Adlers Gluten hervorkommen konnte, mußte ein Speer die Seite öffnen,
aus der Blut, Wasser und Geist aus-floß. Er mußte von Herodes
in Weiß, und von Pilatus in Rot gekleidet werden, die Sünden
des männ- und weiblichen Geschlechts zu büßen, und wurde
dann nackt ans Creutz geschlagen. Ohne allen Zusatz wurde er in ein neues
Grab gelegt, von wo er nach der Auferstehung am dritten Tage, dem Zeichen
der Dreyeinigkeit, gen Hirnmel fuhr.
Also geht es auch in der Kunst; wenn erstlich durch die
philosophische Taufe der Quellbrunn zur neuen Geburt eröffnet, sodann
werden im Subjecto alle Signaturen zufälligerweise herausgewandt;
endlich wird er im Creutz, als im Wasser des Lebens, in die Luft erhoben,
so dann der weiße und rote Liliensaft, durch künstliche Öffnung
seiner Seiten auch herausgezogen; und wenn es dann ein reiner Leib, und
von allen Zufälligen als neugeboren wieder befreyet, so wird es ohne
allen fremden Zusatz ins reine, neue Geschirr geleget, da es dann nach
seinem Tode verherrlicht wird."
"- Wenn du aber zur höchsten Weisheit gelanget, so
mißbrauche sie nicht, sondern wisse und bedencke, daß du einen
Schatz und hohes Geheimnüß zu bewahren hast, davon du dereinst
schwere Rechenschaft geben, und verantworten müssen, wie du damit
umgegangen, und wie du dieses Geheimnüß angewendet hast, der
du dadurch aus dem Staube erhoben, und zu Ehren gesetzet wirst; Siehe auf
den Anfang. Betrachte das Mittel und den Fortgang, und bedencke wohl dein
und aller Dinge Ende. Uberschreite nicht die Grentzen der Noth, und der
Liebe, und thue, was dir gebühret."
Übersetzung
der lateinischen Zitate
1. Lerne also Alchimia kennen, die anderweitig Spagyrik
genannt wird.
2. Wenn wir zum vollkommenen Meisterwerk gelangen
wollen, müssen wir zuerst den reinen und sauberen Stein der Philosophen
erlangt haben (seine Materie, wie Libavius bemerkt), so wie er in seiner
Minera ist; ihn für sich selbst sublimieren, damit wir aus ihm das,
was rein und klar ist, ausziehen. Dann ist es für uns notwendig, ihn
von selbst herabsteigen zu lassen, dann destillieren, kalzinieren, auflösen,
gerinnen, verhärten und einsenken (das ist die ganze Praxis und Reduktion
zur ersten Materie nach Anmerkung von Libavius).
3. Unser alter Mensch ist unser Drache. Er verzehrt
seinen Kopf mit seinem Schwanz. Und Kopf und Schwanz sind Seele und Geist.
Und Seele und Geist sind aus Dreck erschaffen. Und dieses von Osten und
Westen durch Austreibung des Schädlichen.
4. Das Gewicht des Wassers sei mehrfach, das der
Erde aber einfach.
5. Denn über diesen Schatz wird nicht in den
Schulen der Ärzte gelehrt, er bleibt vor ihren Augen verborgen.
6. Wenn du wirst in der Erde suchen, wirst du durch
Rektifizieren den verborgenen Stein finden, die wahre Medizin.
7. Je edler die Materie gewesen ist, desto edler
wird die Form sein. Ebenso: daß eine Erde besser wie die andere sei,
also ergiebiger, was zu merken ist.
8. Mache das Feste flüchtig, und das Flüchtige
fest !
9. Denn als jene Elemente getrennt, gereinigt und
abwechselnd auf geeignete Weise niedergeschlagen wurden, erzeugten sie
eine gemäßigte Substanz, die von des Feuers Macht nicht getrennt
werden kann, noch von der Erde Fäule verdorben, von des Wasser Feuchte
eingeschmolzen, von der Berührung mit der Luft verdunkelt wird.
10. die gleichen Körper und nicht Seele ist,
und auch Seele und nicht Körper, ein Band und Verbindung aller Elemente.
11. Unser Quecksilber oder dessen Teil ist das aus
der Erde destillierte Wasser, und ebenso ist die Erde lebendiges Quecksilber,
und die Seele ist die natürliche Wärme, die in der ersten Essenz
der Elemente unseres Quecksilbers gesammelt steht.
12. Durch auflösende Ausziehung verbunden mit
richtig vorbereitenden Arbeiten. Daß keine Auflösung anders
geschehen könne, als im eigenen Blut, und daß philosophisch
kalzinierte Stoffe viel besser löslich sind, wie die nicht auf
solche Weise kalzinierten; weil sie durch unsere Kalzination in die Natur
der philosophischen Salze und Alaune gebracht werden, die allein löslich
sind.
13. Er steigt von der Erde in den Himmel, und steigt
wiederum herab auf die Erde, und empfängt die obere und untere
Kraft. Vereinigt die rote Sonne und den weißen Mond durch einen Weg
und eine Anordnung.
14.Mach daß der rote Rauch den weißen
Rauch erfaßt, in einem starken Gefäß, zu einer festen
Vereinigung ohne Ausdünstung der Geister.
15. Nämlich unsere Vervielfältigung ist
nach dem Zeugnis Raymund Lullios nichts anderes, als die Wiederholung der
ersten Zusammensetzung in unserem Werke.
16. Wo die Natur aufhörte, da fängt die
Kunst an. Durch Gott wird unser von der Natur geschaffener Stein gefunden,
und ihm fehlt nichts weiter, wie die Reinigung und Vollendung. Der Merkur
der Philosophen ist nichts anderes, als wie der im Wasser aufgelöste
Körper, und das Lebenswasser ist dasselbe, wie das bleibende Wasser,
nämlich der aus dem Körper ausgezogene Spiritus, und wird Lebenswasser
und unser Quecksilber genannt, und aus ihm entsteht alles.
17. Die nächste Materie der Metalle, nicht
die erste Materie der Peripathetiker, nennen wir nicht Sterneinfluß,
nicht Elemente, sondern einen Dampf und schweflig-salzig-merkurielle Ausdünstung,
aus der allein, gleichsam aus den Samen einer chaotischen Masse erzeugt,
die metallischen Körper ursprünglich geboren werden. Die entfernte
Materie allerdings nennen wir Hyle, aus der Beschaffenheit der Elemente
und aus dem Sternenfluß entstanden; auf welche Weise man sich von
diesem allen einen Begriff zu machen hat, erhellt aus dem Folgenden.
Auch ist zu merken, daß in der chaotischen Masse ein gewisser von
den Elementen erzeugter fetter, salziger Schleim verborgen ist, der durch
die Kraft der unterirdischen Feuer zu Dampf wird, durch die Eingeweide
der Erde hindurch streicht, dort eine geeignete Matrix findet, ihr anhängt,
und in ihr durch die Einwirkung in langer Zeit gekocht, endlich in ein
Stück Metall gewandelt wird, oder nach Art der betreffenden Erdenmatrix
ausartet.
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